Folteraccessoires und schaurig schöne Moritaten zum Jubiläum

Sissach Das Henkermuseum feiert sein 20-Jahr-Jubiläum

Der Gastgeber im regen Austausch mit Besuchern.Fotos: Pier-Giuseppe Cacciatori

Der Gastgeber im regen Austausch mit Besuchern.Fotos: Pier-Giuseppe Cacciatori

Fingerfood der besonderen Art: Bon appetit!

Fingerfood der besonderen Art: Bon appetit!

Letzten Samstag feierte das kleine Haus der besonderen Art in Sissach sein 20-jähriges Bestehen. Rund 80 Personen fanden den Weg ins Henkermuseum. Im Rahmen einer Vertiefungsarbeit über das Thema «Todesstrafe» hatten sich sogar Fachangestellte Gesundheit in Ausbildung auf den Weg von Brugg nach Sissach gemacht. Auch sie liessen sich den kostenlosen Einlass in die düsteren Räumlichkeiten nicht nehmen. Wer sie jedoch betrat, brauchte einen ziemlich «starken Magen». Spätestens jetzt entpuppte sich das «Lebkuchenhäuschen» am Strassenrand als einen Ort des Schauderns. Auf drei Etagen erhielt man beklemmende Einblicke in das dunkle Kapitel der Justizgeschichte mit Hinrichtungsszenen. Es zeigt die Torturen, denen Häftlingen unterzogen wurden. 400 Ausstellungsstücke (davon viele Foltergeräte) haben sich in den 20 Jahren angesammelt. Auf die neuste Errungenschaft ist Kurator Guido Varesi besonders stolz und zeigt auf den Schaukasten: «Der «Hexenhammer» gilt als eines der verheerendsten Bücher der Weltliteratur. 1487 erschien das Handbuch erstmals, von da an ist es zu einem mächtigen Instrument für die Inquisitoren geworden und legitimierte zur Hexenverfolgung».

Kühn improvisierte Bühne

Befragt über die Besucherzahlen des Museums gibt sich Varesi zufrieden. Jeden ersten und dritten Sonntag im Monat seien zwischen 10 bis 20 Interessierte zu verzeichnen. Zudem mache er Führungen für Vereine, Berufsleute u.a. für Polizei und Zöllner. Auch sei er gut vernetzt mit anderen Museen wie zum Beispiel dem historischen Museum in Basel. Schliesslich übe er auch noch seit Jahrzehnten das Handwerk des Tätowierens aus. Zur Feier des Tages lud Varesi in die nahegelegene Tattoo-Kellerbar ein. Dort überraschte er mit dem hochkarätigen Künstlerpaar Florian Schneider und dem Geiger Adam Taubitz. Auf kühn improvisierter Bühne mit platzierter roter Guillotine knüpften die Künstler an die düstere Thematik an.

Melancholisch prickelndes Ende

Schon bei den ersten Worten und Tönen der Musiker wähnte man sich wie im Film, aufgesogen von der irisch anmutenden Stimmung. Und als dann Schneider am Rednerpult die ersten Moritaten, Geschichten von Mord, und Hinrichtungen, gar einer schaurig romantischen Henkergeschichte loslegte, war es um die Zuhörer geschehen. Sie liessen sich von der gesprochenen Choreografie derart in den Bann ziehen, dass der ganze Raum zu warmer Stille erstarrte. In der kurzen Pause, angelehnt an das vorherige Prosajuwel, wurden als Überraschung kunstvolle und ungemein echt wirkende, abgehackte Finger als Patisserie angeboten. Varesi’s Frau Jackie sei Dank, hat sie doch diesen echten Fingerfood ersonnen und kreiert. Und ob der Konsument beim Reinbeissen die Augen wirklich noch offen hatte, konnte man im Dämmerlicht nicht wirklich erkennen. Bon Appetit! Als dann die letzte musikalische Darbietung Ihr melancholisch prickelndes Ende fand, wurde frenetisch geklatscht, gejubelt und jeder war froh dabei gewesen zu sein um festzustellen, dass unglaublich Schauriges und Gruseliges sehr wohl in der Prosa, in der Musik, in jedem von uns selbst seinen Platz findet.

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