Die stille Mitte der Welt

Böckten Charles Brauers Neujahrslesung

Charles Brauer macht seine Lesung im vertrauten und treuen Kreis in Böckten sichtlich Freude. Fotos: U. Handschin

Charles Brauer macht seine Lesung im vertrauten und treuen Kreis in Böckten sichtlich Freude. Fotos: U. Handschin

Das Publikum in Böckten lauschte gebannt dem genial lebendigen Vortragstalent Charles Brauer.

Das Publikum in Böckten lauschte gebannt dem genial lebendigen Vortragstalent Charles Brauer.

Die traditionelle Nachneujahrsveranstaltung von Kultur Böckten hatte am Sonntagabend, 5. Januar, einmal mehr über 100 Fans von Charles Brauers-Lesung in das Gemeindezentrum gelockt. Es wurde sozusagen die stille Mitte der Welt, wie der Titel der ersten der Geschichten von Patricia Highsmith lautete, die der in Böckten wohnhafte Schauspieler las. In seiner gewohnt faszinierend packenden und zugleich schalkhaft genialen Art, die alle Zuhörer, während zweier Stunden, in den Bann zog.

Die 1921 in Texas geborene amerikanische Autorin (die erste weibliche Schriftstellerin, die die Ehre erfuhr, in dieser Reihe von Lesungen vorgestellt zu werden), später wohnhaft in Paris und London, rettete sich offenbar vor Liebschaften und dem Alkohol in die Schweiz, wo sie 1995 im Tessin starb. Berühmt wurde sie durch ihre Kriminalromane, die verfilmt wurden. Im Diogenes-Verlag erschienen aber unzählige Bände mit Erzählungen und Kurzgeschichten, von denen der Erzähler drei mitgebracht hatte. Durch die minuziösen Beschreibungen der Umgebung und Personen werden die Zuhörenden unwillkürlich als Betrachter in die Handlungen einbezogen.

Ob es, wie in der ersten Geschichte, um zwei Mütter mit zwei Kleinkindern im Park geht, ihre Gedanken, Sehnsüchte, Träume, Beobachtungen, Vermutungen, Befremdung, Verunsicherung und zwiespältigen Gefühle. Oder in «Ich bin nicht so tüchtig wie andere» um das Selbstwertgefühl eines Verkäufers, das arg, wegen seiner Unfähigkeit für handwerklichen Arbeiten beim Vergleich zu seinen tüchtigen Nachbarn, leidet. Als seine Geliebte darüber lacht und seine Potenz deswegen versagt, kommt es zu einer Verzweiflungstat mit Unfall. Allerdings dann zum Happy End, mit der Erkenntnis, dass es eine Frau gibt, die ihn so liebt, wie er ist!

In der dritten Geschichte: «Die Invalide oder die Bettliegerin» treibt eine egozentrische Frau ihren Mann zum Äussersten. Sie liegt als imaginäre Kranke das ganze Jahr über im Bett, ausser im Sommer, wenn sie in Cannes Badeferien machen. Dort geschieht es dann auch, dass der Mann nach zehn Jahren einen Entschluss fasst und sie mit zwei Nadelstichen in den Schwimmring los – und ohne sie dann endlich glücklich wird. Den Abend beschloss Brauer mit einer Geschichte der Böckter Autorin Rita Moll, die mit ihrer Erzählung «Fürio» erstaunliches Talent bewies. Mit der Zerstreuung des Gerüchts, dass dies sein letzter Leseanlass mit ihm gewesen sei, erntete der verschmitzt lächelnde Star des Abends ein erleichtertes Aufatmen des Publikums und grossen Applaus.

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