Der Mahatma des Klezmers begeistert

Baselbieter Konzerte Giora Feidman und das Rastrelli Cello Quartett in der Stadtkirche  

Giora Feidman: Trotz Altersbeschwerden brennt die Klezmerseele immer noch für den Frieden.Foto: T. Brunnschweiler
Giora Feidman: Trotz Altersbeschwerden brennt die Klezmerseele immer noch für den Frieden.Foto: T. Brunnschweiler

Giora Feidman, der King of Klezmer, ist zugleich die Grosse Seele dieser Musik: Mahatma Klezmer. Am 4. Januar beehrte er die Stadtkirche Liestal, zusammen mit dem Rastrelli Cello Quartett, mit dem er nun seit vielen Jahren auf der Bühne steht oder – seit seinen Gebresten – auch sitzt. «Die Bandscheiben», erklärte der 86 Jahre alte Klarinettist lakonisch. Bereits bei seinem Einzug klatscht das Publikum frenetisch. Es war teilweise von weither angereist, um die Klezmer-Legende zu hören. Im ersten Teil erklangen rund zwölf Stücke des iranischstämmigen Komponisten und Kulturmanagers Majid Montazer gewidmet. Die Titel dieser Werke waren eine Blumenlese aus dem Vokabular eines romantischen Sinnsuchers. Die gefällige Musik, die bis auf einige Ausnahmen wenig Überraschungen bot, hätte man ohne Verlust des Gehalts um ein Drittel kürzen können. Bei «With the Locomotive along our Memories» kam Schwung ins Programm, da das Rastrelli Cello Quartett den rhythmischen Takt der Eisenbahn hervorragend zum Ausdruck brachte und Sergio Drabkin das Signalhorn mit einem hölzernen Instrument imitierte.

Feidman kommentierte das Programm mit einer Mischung von Gefühl, Chuzpe und Freundschaftsbekundungen. Feidman sagte einmal: «Ich komme nicht auf die Bühne, um zu zeigen, dass ich ein Instrument spielen kann. Ich nehme meine Klarinette zur Hand, um die Menschen an meinem Inneren teilhaben zu lassen.»

Entfesselung im zweiten Teil

Fast zwangsläufig musste der zweite Teil mit Béla Kovács Komposition «Shalom Aleykhem, Rov [Meister, Rabbi] Feidman» begonnen, die der Komponist 2004 Giora Feidman widmete. Jetzt war Feidman ganz in seinem Element, der Klezmermusik. «Ich spiele nicht Klarinette. Ich bin ein Sänger. Ich singe durch mein Instrument», erklärte er einmal. Tatsächlich frohlockte und tirilierte, säuselte, schallte, krächzte, lispelte, meckerte, wieherte, weinte, jammerte und quakte es aus der Klarinette. Noch immer beherrscht Giora Feidman alle klezmertypischen Techniken: Tonhöhenbiegungen, Knurren, Glissandi, ein wunderschönes Vibrato und ein fast unhörbares Pianissimo. Mit diesen Effekten lassen sich alle menschlichen Gefühlslagen ausdrücken. Auch das Rastrelli Cello Quartett schien präsenter und spielfreudiger zu sein.

Nach russischen Volksliedern erklangen von Astor Piazzolla «Libertango», «Oblivion» und «Adios Nonino». Hier entfaltete sich ein ausgewogenes, dynamisches und subtiles Zusammenspiel zwischen Feidman und seinem Quartett. Nach einem improvisierten Rock ‘n’ Roll des Cello Quartetts mit solistischen Einlagen, brandete langer Applaus auf. Feidman beendete den offiziellen Teil mit «What a wonderful World» und liess es sich nicht nehmen, doch noch aufzustehen und das Konzert mit Klezmerklängen ausklingen zu lassen. Stehende Ovationen und überglückliche Musiker.

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