Langenbruck ist schiffbar

Madrigalkomödie Chor con fuoco Langenbruck inszenierte «Barca di Venezia per Padova»

Der Regisseur Sebastian Mattmüller (im Chor in der Mitte) bringt das Ensemble ständig durcheinander. Fotos: A. Jegge

Der Regisseur Sebastian Mattmüller (im Chor in der Mitte) bringt das Ensemble ständig durcheinander. Fotos: A. Jegge

Wilhelm Tell (Chormitglied, l.), Walterli (Barbara Schnebeli, M.) und ein Schweizer Bankier (Sebastian Mattmüller, r.) beim karikierten Schweizergesang.

Wilhelm Tell (Chormitglied, l.), Walterli (Barbara Schnebeli, M.) und ein Schweizer Bankier (Sebastian Mattmüller, r.) beim karikierten Schweizergesang.

Franziska Baumgartner mimt eine eingebildete Sängerin.

Franziska Baumgartner mimt eine eingebildete Sängerin.

Eigentlich gehts um einen Transport von Venedig nach Padua. Dass man daraus ein vergnügliches und musikalisch anspruchsvolles Stück machen kann, ist dem italienischen Benediktinermönch Adriano Banchieri zu Beginn des 17. Jahrhunderts eingefallen. Er nimmt eine Rahmengeschichte, die Flussfahrt, füllt sie mit Canzonetten und Madrigalen und schon ist es eine Madrigalkomödie.

Dann ist da ein ambitionierter Dorfchor, der Chor con fuoco Langenbruck, mit der Leiterin Franziska Baumgartner, die das Stück den Sängerinnen und Sängern «glustig» machen konnte. Die Komödie wurde immer wieder von Spezialisten der Alten Musik aufgenommen und auch teilweise szenisch aufgeführt. Der Regisseurin Barbara Schneebeli ist es zu verdanken, dass die Komödie in der Langenbrucker Realität ankommen konnte. Ihre Idee war es, ein Spiel im Spiel zu inszenieren, nämlich die Probe des Chores für das Stück zum Anlass zu nehmen, die Gegenwart zu integrieren. Bei der Aufführung «probt» der Chor in der Turnhalle, das Bühnenbild und die Requisiten fehlen und mancher Protagonist ist absent. Ganz viel Improvisation ist nun notwendig: Die Ensemblemitglieder, der Regisseur (Sebastian Mattmüller) und die Regieassistentin (Barbara Schneebeli) treten in wechselnden Rollen mal singend, mal schauspielernd auf.

Was chaotisch anmutet, ist aber ein höchst vergnügliches Theaterstück, das einerseits komödiantisch im Schauspiel ist, in dem aber sehr ernsthaft musiziert wird. Der Chor ist dem musikalischen Anspruch mehr als gewachsen und den wenigen Berufsmusikern ebenbürtig. Manch eine Sängerin oder Sänger zeigt komödiantisches Können, das von den Zuschauern mit begeisterten Lachern gewürdigt wurde. Das Musikerensemble mit Graziella Isler-Panozzo (Kontrabass), Annegret Schaub (Blockflöte, Zink), Paul Ragaz, der zudem das Projekt begleitete (Akkordeon), Jürg Mosimann (Fagott) und Beat Mattmüller (Cembalo/Orgel) begleiteten die Sängerinnen und Sänger mit viel Feingefühl für die Renaissancemelodien. Auch sie schlüpften immer wieder in verschiedene Rollen.

Die Madrigalkomödie kann heute nicht ohne kritischen Blick aufgeführt werden. Banchieri verspottet mit seinen an der Commedia del’Arte angelehnten Figuren manchen Zeitgenossen, auch jüdische Geschäftsleute. Dies mag in einer quasi akademischen Aufnahme als Zeitdokument noch angehen, kann aber heute so nicht mehr aufgeführt werden. In Langenbruck griff man zu einem genialen Trick und machte aus den Geschäftsleuten quasi Schweizer Bankiers – dies gelang vortrefflich. Aus dem Refrain «la Trai nai nai nai» wurde ein «Jolidu», und ein Glockenchor spielte die Melodie. Selbst Wilhelm Tell und Walterli durften noch auftreten.

Das Langenbrucker Ensemble hat gezeigt, dass man Alte Musik aufführen, ja sogar mit der Gegenwart konfrontieren kann, ohne dass es an Tiefe, musikalischer Qualität und Unterhaltung verliert. Der Regie ist es gelungen, trotzdem keinen Klamauk zu inszenieren, sondern den Zuschauern und Protagonistinnen einen höchst vergnüglichen und unterhaltsamen Abend zu verschaffen. Dazu trug auch das gemeinsame Risotto-Essen bei, mit dem vor Aufführungsbeginn der Abend quasi eingeläutet wurde. Mit frenetischem Applaus zum Schluss wurden die Protagonisten belohnt und die Zuschauer nach Hause entlassen.

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