Wo geht die Reise hin?
EBL-Powertalk Heisse Expertendiskussion über Nuklearenergie in Liestal

Vor dem Powertalk zum Thema «Nuklearenergie in der Schweiz – wo geht die Reise hin?» gab es für die Medien ein Vorgespräch mit EBL-CEO Tobias Andrist, Annalisa Manera, Professorin für Nukleare Sicherheit und Mehrphasenströmungen ETH Zürich, Walter Sachs (Schweizerische Vereinigung für Sonnenenergie) und den beiden Nationalräten Christian Wasserfallen (FDP) und Eric Nussbaumer (SP). An den Powertalks informiert die EBL im «Elefantehuus» in Liestal zusammen mit Fachleuten über aktuelle Energiethemen. Der letzte Anlass war mit 180 Personen ausgebucht.
Annalisa Manera vertrat das Lager der AKW-Befürworter. Sie erklärte, dass ein Atomkraftwerk zu 90 Prozent in Betrieb sein muss, damit es rentiert. Eine geringere Auslastung ist teuer. Es gibt Versuche, mit Überschussstrom Wasserstoff zu erzeugen. Neue AKWs sind flexibler und technisch machbar. Das Problem ist die Ökonomie. Die Baukosten sind sehr hoch und der Brennstoff kostet relativ wenig. Walter Sachs entgegnet, dass mit dem weiteren Ausbau der alternativen Energien ein neues Schweizer AKW nur noch von November bis März in Betrieb sei. In der übrigen Zeit steht genügend andere Energie zur Verfügung. Es braucht internationale Zusammenarbeit, da jedes Land ein anderes System hat. In Deutschland liefern Kohlekraftwerke und in Frankreich AKWs Bandenergie. Die Schweiz hat mit der Wasserkraft eine gewisse Flexibilität.
Für Eric Nussbaumer ist es eine politische Frage, ob man neue AKWs betreiben und mit überflüssigem Atomstrom Wasserstoff erzeugen will. Zudem seien die neuen, alternativen Energien demokratiepolitisch entstanden.
Tobias Andrist sieht ein ähnliches Überschussproblem beim zunehmenden Solarstrom: «In Spitzenzeiten muss man abriegeln.» Er sucht Lösungen für das gesamte System. «Ökonomisch muss es in Richtung 90 Prozent erneuerbar gehen.» Er hegt Zweifel, dass Privatfirmen neue AKW-Projekte ohne Staatsgarantie angehen werden.
Aber auch mit den Erneuerbaren wird es komplex, da man Sommerenergie in den Winter transferieren muss. Sachs erwähnte bei der Solarenergie die geringen Betriebskosten und dass es kein Personal braucht. Das Winterloch will er mit Speicherkraftwerken, Batterien und Import stopfen.
Publikumsrunde
In der Publikumsrunde unter Leitung von SRF-Bundeshausredaktor Georg Halter gab es vor allem einen Schlagabtausch zwischen den Nationalräten Eric Nussbaumer (SP) und Christian Wasserfallen (FDP). Unser Kanton hat einen Volksentscheid gegen AKW und diese Energieart wird vom Regierungsrat nicht unterstützt. Die EBL hat eine klare Strategie in Richtung erneuerbare Energien. Zudem wird in Batterien investiert. Annalisa Manera favorisiert die Kernkraft, die einen ähnlichen Fussabdruck wie die Erneuerbaren hat. Wasserfallen ist überzeugt, dass es ohne Kernkraft nicht geht. «Es gibt keine Energieerzeugung ohne Nachteile. Alles zusammen gibt für die Schweiz einen Mix auf einem Niveau, das andere Länder nicht haben. Je weniger Verbote, desto mehr Möglichkeiten», war seine Aussage. Nussbaumer betonte die beschlossene Energiestrategie 2050 und warnte vor jahrelangem Streit und gefährlichen Blockaden bei Änderungen. Da die durch den Ukrainekrieg verursachte Mangellage vorbei ist, werden wir in den nächsten zehn bis 20 Jahren keine kleinen modularen AKW haben.
Wasserfallen kritisierte, dass wir bei der Wasserkraft nicht vorwärtskommen. «Wir brauchen alle Möglichkeiten, um die Versorgung sicherzustellen. Die Branche ist heute paralysiert und grosse Investitionen finden im Ausland statt, weil dort die Rahmenbedingungen besser sind», sagte er. Er forderte verbesserte und schnellere Verfahren. Nussbaumer erklärte, dass wir bereits sechs Terawattstunden Fotovoltaik verbaut haben und genügend Energie aus Wasserkraft und Sonne zur Verfügung steht. Die Nutzung erfolgt aber nur, wenn die Rahmenbedingungen verbessert werden. Wasserfallen hingegen ist überzeugt, dass Mitte der 40er-Jahre ein neues AKW in der Schweiz steht.
Manera nahm zum CO2-Ausstoss Stellung und sagte, dass ein AKW nicht mehr ausstösst als andere Energieerzeugungen.
Walter Sachs kritisierte, dass die AKW-Befürworter alles Negative wie einen GAU oder das Endlagerproblem ausblenden.
Auf Publikumsfragen sagten die Experten, dass das Uran aus Australien, Kasachstan und weiteren Ländern komme. Die Anreicherung erfolgt nicht mehr in Russland. 96 Prozent der Solarzellen werden in China produziert, was uns in eine neue Abhängigkeit bringt.