Bauernverband auf der Intensivstation

GV Bereits letztes Jahr warnte Präsident Marc Brodbeck vor den schwarzen Wolken am BVBB-Himmel  

Marc Brodbeck, Buus, Präsident Bauernverband beider Basel seit 2019, musste an der über dreistündigen Generalversammlung 2024 einen riesigen Verlust ankündigen.

Marc Brodbeck, Buus, Präsident Bauernverband beider Basel seit 2019, musste an der über dreistündigen Generalversammlung 2024 einen riesigen Verlust ankündigen.

Er wurde unterstützt von Finanzchef Stephan Plattner, Bretzwil, der ruhig und transparent durch das Traktandum «Jahresrechnung 2023» führte.  Fotos: B. Bentolila

Er wurde unterstützt von Finanzchef Stephan Plattner, Bretzwil, der ruhig und transparent durch das Traktandum «Jahresrechnung 2023» führte. Fotos: B. Bentolila

Über 100 Personen drängten am letzten Freitagabend in Sissach in die Aula des Landwirtschaftlichen Zentrums Ebenrain an die Generalversammlung (GV) des Bauernverbands beider Basel (BVBB). Immer wieder wurde gemurmelt: «Nimmt mich wunder, was heute Abend passiert.» Es wurde über die katastrophale finanzielle Lage des Verbands gemunkelt und gewerweisst, wie die Verantwortlichen sich wohl aus der Situation ziehen würden. Oft hörte man sogar, der «Abend der Wahrheit» werde im Chaos enden.

Wir nehmen es voraus: Es war eine denkwürdige GV, ja, doch die Lage blieb während über drei Stunden ruhig. Niemand wurde laut, niemand ausfallend oder beleidigend. Man hatte das Gefühl, Landwirte und ihre Familien hätten sich gesagt: «Jetzt halten wir erst recht zusammen.» Marc Brodbeck, Präsident seit 2019, beschrieb, wie das mediale Interesse für die Landwirtschaft zunehme. Besonders das Wetter fessle die Journalisten, die wissen möchten, ob die Tiere bei der Sommertrockenheit, der Frühlingsfeuchte und den zu kühlen oder zu heissen Temperaturen leiden würden. Ob die Bauernfamilien sich quälen, habe ihn noch nie jemand von der Presse gefragt.

Dann stieg er ein ins wichtigste Thema: «Wir haben letztes Jahr gewarnt, dass am BVBB-Finanzhimmel rabenschwarze Wolken aufziehen. Allerdings konnten wir den tatsächlichen riesigen Verlust nicht voraussehen.» Hier übernahm Finanzchef Stephan Plattner das Wort: «Die Rechnung 2023 schliesst mit einem Defizit von 165000 Franken! Unser Verband liegt auf der Intensivstation.» Im Saal wurde es mucksmäuschenstill. Ruhig fuhr Plattner weiter: «Wir haben verschiedene Massnahmen eingeleitet, um den Patienten zu retten – und wir werden ihn retten! Der BVBB wird weiterleben.» Die Personalkosten im Verbandssekretariat seien zu hoch. Geschäftsführer Peter Saner gelangte zur Kenntnis, dass im Hinblick auf das Bestehen des BVBB die Reduktion seiner Stelle die dringend notwendige finanzielle Entlastung bringen würde. Die Abteilung Versicherungen liefert schwarze Zahlen. Beim Verband ist neben Saner nur Claudia Rossi angestellt. «Sie ist wichtig, kennt die Abläufe und hat uns während der Zeit der Personalrochaden unterstützt», hielt Plattner fest. Die Trennung von Peter Saner erfolge einvernehmlich; eine Weiterbeschäftigung zu einem tieferen Pensum sei für ihn nicht in Frage gekommen. Plattner erläuterte das Drei-Säulen-Konzept zur Sanierung: Erhöhung Deckungsbeitrag Versicherungen, Reduktion Personalkosten, Erhöhung Mitgliederbeitrag, worüber am längsten diskutiert wurde. Die vom Vorstand vorgeschlagenen Beiträge wurden durch Anträge aus der Versammlung zweimal erhöht und einstimmig angenommen und lauten neu: Grundbeitrag 120 Franken, pro Hektare Tal 8.10 Franken, Hügel 6.70 Franken, Berg 5.30 Franken.

Stephanie Spycher-Gass wurde anstelle von Evelyne Gasser neu in den Vorstand gewählt. Der Verband zählt 712 Aktivmitglieder, 89 Passivmitglieder, 33 Organisationen, fünf Ehren- und sieben Freimitglieder. Als neue Meisterlandwirte wurden Lukas Ballmer, Oberdorf; Tobias Brodbeck, Biel-Benken; Reto Flubacher, Arisdorf; Patrick Hügli, Brislach; Patrick Kurz, Bennwil, geehrt.

«Wenn wir nicht kämpfen, verlieren wir», sagte Michel Darbelley, Vorstandsmitglied Schweizerischer Bauernverband. «Manchmal sind wir müde, aber wir dürfen nicht aufgeben», fuhr er weiter, «es stehen weitere grosse Anforderungen an die Bauernfamilien im Raum.» Zu denken gebe besonders die extreme Biodiversitätsinitiative, die vorsieht, 30 Prozent (!) der Landesfläche müsse der Förderung der Biodiversität dienen. Das entspreche der Fläche der Kantone Bern, Fribourg, Neuchâtel und Solothurn.

Der ereignisreiche Abend endete wie üblich mit dem Auftischen des «besten» Cervelatsalats und den feinsten Backwaren durch die Vorstandsfrauen des Bäuerinnen- und Landfrauenvereins beider Basel. Die Stimmung war positiv, wie nach einem Spitalbesuch, wenn wir sehen, dass der Patient Fortschritte macht. Mitternacht war vorüber, als sich die Letzten auf den Heimweg machten.

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