«Es geht um die warmen Herzen»

Liestal/Basel Halena Simon sammelt Musikinstrumente für ukrainische Schulen  

Halena Simon im Instrumenten-Lager im Hanro-Areal.Foto: M. Schaffner

Man könnte fast meinen, man befinde sich in einem Musikfachgeschäft: Über 30 Klaviere, in mehreren Reihen angeordnet, füllen den kleinen Raum im Hanro-Areal in Liestal fast vollständig aus. An den Wänden stapeln sich Instrumentenkoffer – Celli und andere Streichinstrumente, Gitarren, Blasinstrumente – und in einigen Schachteln liegen Kleininstrumente wie Mundharmonikas. Auf den zweiten Blick fällt auf, dass die Klaviere sehr divers sind: Vom schlichten Modell bis zum Schmuckstück ist alles darunter. Und dass sie nicht fabrikneu, sondern teilweise etwas verstaubt sind. Eine Freundin macht sich nun daran, die Instrumente mit dem Staubsauger zu reinigen. Anschliessend muss alles noch reisefertig verpackt werden, bis am 30. Juni der Lastwagen kommt, der die Instrumente an ihren Bestimmungsort in der Ukraine bringen wird.

Die Person, die das Ganze organisiert hat, gönnt sich derweil eine Kaffeepause. In den letzten Tagen hat Halena Simon schon einige Stunden Vorarbeit geleistet und die Instrumente geputzt, geölt, poliert und geprüft. «Instrumente reinigen hat etwas Meditatives», meint die Klavierlehrerin und Konzertpianistin, die schon aufgrund ihrer prallen beruflichen Agenda selten zum Ausruhen kommt – und daneben noch dieses zeitintensive Hilfsprojekt initiiert hat. Die Instrumente, die sie aus verschiedenen Ecken zusammengetragen hat, beispielsweise über Privat- und Geschäftskontakte, auf Verkaufsplattformen oder über ein Inserat, wenn immer möglichst günstig oder gratis, werden bald von ukrainischen Kindern und Jugendlichen gespielt werden.

Instrumente als Hilfsgüter

Schon im Februar hatte Halena Simon eine erste solche Aktion durchgeführt und persönlich begleitet. Sie lebt seit über 20 Jahren in Basel, verfügt aber immer noch über ein grosses Beziehungsnetz in der Westukraine, und nach Ausbruch des Krieges war für sie klar, dass sie sich für die Menschen dort etwas tun will. Im Januar dieses Jahres erhielt sie Besuch von einer Absolventin der Nationalakademie, und im Gespräch zeichnete sich ein Weg ab, wie ein Instrumententransport von der Schweiz in die Ukraine organisiert werden könnte: Während es für Privatpersonen nicht so einfach ist, solche grossen Mengen an Waren über die Grenze zu bringen, gelten für Hilfsorganisationen andere Regeln. Mit Unterstützung einer Organisation, die normalerweise medizinische Hilfsgüter transportiert, konnte die Aktion realisiert werden. Sie kümmerte sich auch um die Übergabedokumente.

Als Halena Simon von der anstrengenden Reise zurückkam, sagte sie sich zwar: «Nie wieder!», aber insgeheim wusste sie bereits, dass sie es nicht sein lassen können wird, einen weiteren Transport zu organisieren. Der Bedarf an Instrumenten für den Musikunterricht sei in der Ukraine sehr gross: «Die Instrumente sind zum Teil noch aus der Sowjetzeit und wegen dem Krieg wird das Geld anderswo gebraucht», erklärt Halena Simon. Gingen die Instrumente beim ersten Transport an das Music College in Lwiw, so kommen jetzt neben dieser Institution auch elf Schulen in umliegenden Städtchen und Dörfer zum Zug. Der Lastwagen bringt alles nach Lwiw, wo die jeweiligen Verantwortlichen ihre Instrumente selber abholen müssen.

Dies alles zu koordinieren, nimmt viel Zeit und Energie in Anspruch. Halena Simon achtet darauf, dass jede Schule wirklich das bekommt, was sie braucht. Besonders Blasinstrumente, Streichinstrumente und Akkordeone seien rar und deshalb gefragt – und im Transporter sei vielleicht noch das eine oder andere Loch zu stopfen. Insgesamt sei der Laderaum jedoch belegt, weshalb im Moment keine grösseren Instrumentenspenden wie Klaviere angenommen werden könnten.

Geldspenden für den Transport

Was aber hoch willkommen ist, sind finanzielle Spenden. Die ganze Aktion ist privat finanziert, grösstenteils durch Halena Simon und weitere Privatpersonen. Die Initiantin möchte aber auch den Personen, Geschäften und Vereinen danken, die sie tatkräftig, organisatorisch oder materiell unterstützen, unter anderem der Klavierwerkstatt René Waldhauser in Liestal, Michael Meier von «Becker-Klaviere» in Münchenstein, den Geigenbauern Reuter, Dubosson und Hefti in Basel, der Schule Sol, den Musikgeschäften Colombo in Pratteln und Schönenberger in Liestal, dem Hanro-Areal für den Lagerraum, dem Klaviertransport Scharz sowie dem Verein Blaukreuzmusik Niederschönthal Füllinsdorf, dem Ukrainischen Verein Basel sowie dem Verein Haliciana Schola Cantorum. «Es braucht Menschen, die dir den Rücken stützen, die an dich glauben und die so eine verrückte Sache mitmachen», ist sich Halena Simon bewusst.

Auch wenn die die Organisation viel Arbeit bedeutet, bringt sie auch schöne Momente mit sich. Eine ältere Spenderin hat beispielsweise einen Brief beigelegt, in dem sie ihre Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende ausdrückt. «Das sind so Momente, wo ich einen Kumpen im Hals bekomme», sagt Halena Simon. Egal, wie sich jemand engagiere, mit finanzieller Unterstützung, mit einer Sachspende oder auf eine andere Art, im Grunde gehe es um Menschlichkeit und warme Herzen.

Kontakt von Halena Simon:

hsimon19@hotmail.com

Geldspenden für den Transport können auf das Konto «Ukrainer in Basel» mit dem Vermerk «Instrumente für die Ukraine» überwiesen werden. Postfinance, IBAN: CH2809000000617939209,

BIC: POFICHBEXXX, Konto: 61-793920-9

Ukrainischer Verein Schweiz, Ortsgruppe Basel

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