Blasmusik trotzt ESC
Pratteln Das Regio Blasorchester 50 plus gefällt
Basel stand bekanntlich letzte Woche im Fokus der ganz grossen Musikwelt. Dabei verwandelte der ESC – pompös und aufwendig zelebriert – die Stadt in ein schrilles Eurovision Village. «Na und», haben sich die 60 Musikantinnen und Musikanten des Regio Blasorchesters gesagt und unbeeindruckt von dieser Mega-Show in Pratteln ein Konzert auf die Beine gestellt, das punkto Publikumsgunst dem Basler Party-Volk in nichts nachstand.
Denn was diese auf hohem Niveau spielende Blasmusikformation – mittlerweile mit Kultstatus – seiner grossen und treuen Fan-Gemeinde seit Jahren «auftischt» ist gut verständliche musikalische Unterhaltung die den Leuten gefällt und sie in ihren Herzen berührt. Klar dass ihre Auftritte immer vor vollen Rängen stattfinden, so auch an den beiden Konzerten von letzter Woche mit jeweils 500 Zuhörenden im Kultur- und Sportzentrum Pratteln. Und da standen Kompositionen auf dem Programm, die typischerweise schon eher im Ü50-Segment Anklang fanden. So zog sich der rote Faden gut assortiert durch die Welt der rassigen Märsche, böhmischen Polkas, beschwingten Walzern und alten Schlagern. Was dabei vom ersten bis zum letzten Ton auffiel: Da wurde mit Leidenschaft und Freude musiziert. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Akteure in diesem Blasorchester 50 plus sind alles langjährige Aktive aus Vereinen der Region und vereinigen sich nun im Herbst ihres musikalischen Lebens instrumental zu einer verschworenen Truppe.
Musikalische Vorträge sind nebst dem Eindruck des gesamten Korps immer zusätzlich geprägt von den Solisten und weiteren Protagonisten. Und da trägt Dirigent Sepp Fink mit seiner unaufgeregten Taktgebung viel zur Harmonie und zum Spielfluss bei. Dazu kommen seine gelegentlichen Gesangseinlagen zusammen mit dem Arboldswiler Franz Rudin immer gut an.
Im Weiteren sorgt der Bennwiler Klarinettist Peter Günthert mit seinen Programmansagen immer für die nötige Heiterkeit. So war denn seine Bemerkung: «Dirigent Fink sollte eigentlich auch in einem kurzen Röckchen auf der Bühne stehen.» Ein bissiger Seitenhieb an den ESC.
Apropos ESC: Mit «Blue Bayou» wurde Paolas erfolgreicher Song aus dem Jahr 1985 als bewegender Vortrag aufgeführt. Da haben die subtilen Einlagen der Bässe ganz besonders gefallen. Michael Holms «Tränen lügen nicht» wird zwar despektierlich als Deutsche Schnulze abgetan, das hervorragend disponierte Orchester hat diesen alten Schlager in der Folge aber als emotional berührenden Höhepunkt des Konzerts zur Aufführung gebracht. Dabei ging Claudia Schneiders Trompetensolo zu Beginn genau so unter die Haut wie das zarte Piccolo-Spiel von Vreni Suter, das zusammen mit dem melodischen Summen des Publikums tatsächlich mit der einen oder anderen Träne im Saal endete. Passend dazu die Ansage von Peter Günthert: «Tränen bedeuten nicht, dass man schwach ist, sondern dass das Herz mehr fühlt, als es ertragen kann.» Dem war zum Abschluss dieses wunderbaren Konzerts nichts beizufügen.