Wer befiehlt, soll zahlen
Mehr Finanz-Fairness Elf Gemeinden lancieren zwei Gemeindeinitiativen

Mehr Finanz-Fairness Elf Gemeinden lancieren zwei Gemeindeinitiativen
«Wir sind wirklich langsam ratlos, wie es in den Gemeinden weitergehen soll mit den Kosten und der Gemeindeautonomie», sagte Daniel Spinnler, Stadtpräsident von Liestal, zu Beginn der Medienkonferenz im Stadtsaal. Das Problem: Im Kanton werden immer wieder Kosten «nach unten delegiert», etwa wenn der Landrat ein Gesetz beschliesst, das finazielle Auswirkungen auf Gemeindeebene hat. Den Gemeinden, die vielfach bereits unter Kostendruck stehen, bleibt nichts anderes übrig, als die zusätzliche Last auf sich zu nehmen und ihre gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben zu erfüllen. «Übergeordnetes Recht bricht untergeordnetes Recht», so Spinnler, deshalb seien den Gemeinden die Hände gebunden.
Elf Baselbieter Gemeinden sehen in dieser Praxis einen ungerechten Eingriff in die Gemeindeautonomie. Sie lancieren deshalb zwei Gemeindeinitiativen: Die erste trägt den selbstredenden Titel «Wer befiehl, zahlt!» Wenn ein Kantonsentscheid Mehrkosten verursacht für Aufgaben, deren Träger die Gemeinden sind, dann soll auch der Kanton diese Mehrkosten bezahlen. Ausserdem wird der Regierungsrat dazu angehalten, bei künftigen Landratsvorlagen, die die Gemeinden betreffen, die Auswirkungen auf kommunaler Ebene aufzuzeigen.
Die zweite Initiative, die «Bankgewinn-Initiative», fordert, dass die Gewinnausschüttung der Kantonalbank nicht mehr allein an den Kanton geht, sondern zu einem Drittel an die Gemeinden. Diese würden das Geld entsprechend der Einwohnerzahl unter sich verteilen. Mit den Zahlen von 2024 wären das 67,2 Millionen Franken oder 74 Franken pro Einwohner/-in. Die formulierte Initiative orientiert sich am Kanton Zürich, der dieses Modell anwendet.
Gemeindeversammlungen im November und Dezember
Die elf Initiativgemeinden werden ihre Einwohner/-innen im November oder Dezember über die zwei Initiativtexte abstimmen lassen. Sobald fünf Gemeinden zugestimmt haben, können die Initiativen bei der Landeskanzlei eingereicht werden. Die formulierte «Bankgewinn-Initiative» käme innert 18 Monaten an die Urne; die nichtformulierte Initiative «Wer befielt, zahlt!» müsste innert zwei Jahren zur Abstimmung vorgelegt werden.
Bei den elf Initiativgemeinden handelt es sich um Arisdorf, Buckten, Duggingen, Ettingen, Häfelfingen, Känerkinden, Laufen, Lausen, Liestal, Pratteln und Sissach. Mit ihrem Anliegen stehen sie nicht alleine da: An einem Orientierungsanlass, zu dem rund 40, also knapp die Hälfte der Baselbieter Gemeinden kam, waren die Reaktionen laut Daniel Spinnler durchwegs positiv.
Wie viel Geld steht für Infrastruktur zur Verfügung?
Die Finanzkennzahlen der Baselbieter Gemeinden sehen im Durchschnitt gar nicht so schlecht aus, doch je nach Gemeinde – unabhängig von Grösse oder geografischer Lage – zeigen sich grosse Diskrepanzen. Dabei sind die Gemeinden mit den problematischsten Kennzahlen zugleich diejenigen Gemeinden mit niedriger bis mittlerer Investitionstätigkeit. Will heissen: «Unser Problem ist nicht das Eigenkapital, das ist nur eine Scheingrösse, sondern wieviel Geld wir zur Verfügung haben, um die Infrastruktur für die Bevölkerung bereitzustellen», erläuterte Daniel Spinnler. Im Moment seien die Zinsen tief, aber das könne wieder kehren, und dann hätten die betroffenen Gemeinden ein Problem.
Zurück zu den Initiativen: Eine wesentliche Ursache für die finanziellen Schwierigkeiten sind wie gesagt übergeordnete Bestimmungen, die die Gemeinden in ihren Aufgaben einschränken. An der Medienkonferenz wurden hier insbesondere die Bereiche Bildung, Alter und Asyl genannt. Peter Buser, Gemeindepräsident von Sissach, erwähnte beispielsweise die Einführung einer Klassenlehrpersonenstunde, die auf kommunaler Ebene Kosten von 5,5 Millionen Franken zur Folge hatte. Der Grundsatz, dass diejenige Staatsebene, die entscheidet, auch die Kosten trägt, ist zwar in der Verfassung verankert. «Aber das wird nicht immer gelebt, meistens zu Ungunsten der Gemeinden», so Buser. Vielleicht müsste die Aufgabenverteilung auch einmal grundsätzlich angeschaut werden, fügte er hinzu. Schliesslich sei der Kanton nur so stark wie seine Gemeinden.