Mehr als Kaffee und Kuchen

Känerkinden Jung, aktiv und ohne Nachwuchsprobleme: Der Frauenverein von Känerkinden passt nicht ins Klischee

Der Vorstand des Frauenvereins auf dem Brunnen vor der Gemeindeverwaltung: Janine Colella, Simone Weber, Andrea Ammann, Katja Hersberger, Jeanette Köfer (v.l.). Foto: M. Schaffner
Der Vorstand des Frauenvereins auf dem Brunnen vor der Gemeindeverwaltung: Janine Colella, Simone Weber, Andrea Ammann, Katja Hersberger, Jeanette Köfer (v.l.). Foto: M. Schaffner

Wenn Katja Hersberger in ihrem Bekanntenkreis ausserhalb des Dorfs erzählt, dass sie im Frauenverein ist, dann erntet sie oft schräge Blicke. Und den ungläubigen Ausruf: «Was, du?» Als junge, berufstätige, vielbeschäftigte Frau passt sie nicht zum verstaubten Klischee, das viele von einem Frauenverein haben. Aber etwas muss man wissen: Der Frauenverein von Känerkinden tickt anders. Der Vorstand ist jung und das Jahresprogramm prall gefüllt mit zum Teil ungewöhnlichen Aktivitäten, vom Pneuwechselkurs bis zum Samichlaus-Raclette. «Wir machen mehr als Kuchen backen und Kaffee trinken», betont auch Vorstandsmitglied Jeanette Köfer.

Müssen andernorts Mittagstische schliessen, so kocht der Frauenverein Känerkinden acht Mal pro Jahr ein Mittagessen für etwa 80 Personen. Das Projekt läuft erfolgreich seit 17 Jahren und mit Barbara Simmen und Isabelle Habegger sind immer noch zwei Frauen der ersten Stunde dabei. Die sechsköpfige Mittagstischgruppe trifft sich jeweils um halb zehn in der Turnhalle, rüstet, kocht, dekoriert, serviert und isst nachher selber, bevors ans Zusammenräumen geht. «Es ist langsam ein Selbstläufer, beim Einkaufen hat man Erfahrungswerte», berichtet Vorstandsmitglied Simone Weber. Eingespielt ist auch der Fahrdienst für medizinische und soziale Zwecke, den der Frauenverein als Partner des Roten Kreuz Baselland anbietet.

«Käppeli» für Neugeborene

Die vielleicht ungewöhnlichste Tätigkeit des Frauenvereins ist das «Käppelistricken»: Etwa vier Mal im Jahr treffen sich strickfreudige Frauen abwechslungsweise bei jemandem zu Hause und fertigen Baby-Mützen für Neugeborene an. Verwendet werden diese im Kantonsspital Baselland in Liestal und im Geburtshaus Ambra in Wittinsburg – in der Babygalerie des Kantonsspitals entdecken die Frauen immer wieder die «Kunstwerke», die sie selber gestrickt haben. Auch ausgefallene Farben und Wolle-Arten kommen zum Einsatz. In etwa zwei Stunden sei ein «Käppeli» fertig gestrickt, stellt Vereinspräsidentin Andrea Ammann fest. Letztes Mal seien zehn Frauen gekommen und jede habe eines geschafft. «Es ist ?open house?, man kommt, wann man will und es wird den ganzen Abend lang gestrickt, natürlich mit Kaffee, Kuchen oder Schinkengipfeli und Gesprächen», berichtet Andrea Ammann. Inzwischen seien schon über 600 «Käppeli» gestrickt worden, dazu auch «Finkli», «Hösli» und «Schlüttli» (kleine Jäckchen). Die Mehrheit davon sei von drei «intensiv strickenden Frauen», Magda Nüesch, Manuela Meier und Ruth Bucher hergestellt worden, nicht von der Abendgruppe, fügt die Vereinspräsidentin hinzu. Die Idee des «Käppelistrickens» habe übrigens jemand an den Verein herangetragen, weil das Triemlispital in Zürich einen entsprechenden Hinweis auf der Webseite hatte. Auf Anfrage habe es aber geheissen, dass man schon genug Strickende habe, deshalb habe der Frauenverein beschlossen, regionale Institutionen zu mit «Käppeli» zu unterstützen.

Vom Spargelessen bis zum Pneuwechsel-Kurs

Gesellige Anlässe sind fest im Jahresprogramm verankert. Dazu gehören das Spargelessen, Jassturniere, Spielnachmittage für Erwachsene, der Banntag, Seniorennachmittage, das Senioren-Weihnachtsessen, aber auch die immer gut besuchte Generalversammlung. Ein Apéro mit musikalischer Begleitung findet jeweils am 24.Dezember auf dem Gemeindeplatz statt, als Abschluss der «Adventsfenster», die ind er Vorweihnachtszeit täglich geöffnet werden. Ausserdem besucht der Verein Kindergeburtstage und lädt Jubilare zum «Zvieri» oder Dessert ins Restaurant ein. Zum persönlichen Kontakt kommt es auch, wenn die Frauen beim 1.-Mai-Verkauf zugunsten des Dachverbands Frauenplus von Tür zu Tür gehen.

Nicht zu vergessen: Ausflüge und Reisen, beispielsweise zu den Tellspielen oder in die SRF-Sportarena. Um einen Car zu füllen, schliesst man sich manchmal auch mit Vereinen aus der Umgebung zusammen. Und im Unterschied zu anderen Orten dürfen in Känerkinden auch die Männer auf die Frauenvereinsreise mitkommen.

Eine Besonderheit sind die vielen Kurse, die der Verein organisiert. Zum Teil werden Privatpersonen als Kursleiterin oder -leiter engagiert, zum Teil Profis, wie beispielsweise beim Heckenschnitt- oder beim Kreativbeton-Giess-Kurs. Die Palette reicht vom Handy-Kurs über Tanzen, Kochen, Naturheilkunde und Pneuwechsel bis zum Nothelfer-Auffrischkurs.

Ein Fünftel der Dorfbevölkerung

Insgesamt zählt der Verein rund 100 Frauen, das ist ein Fünftel der 500 Einwohnerinnen und Einwohner von Känerkinden. Nachwuchsprobleme gibt es keine: «Jede, die neu herzieht, wird angesprochen», erzählt Andrea Ammann. Bei so vielen Mitgliedern verteilten sich die Arbeiten gut, niemand müsse Verpflichtungen eingehen, wer das nicht wolle. Der Vorstand komme mit vier Sitzungen pro Jahr aus, da viel «nebenher» laufe und alle im Umkreis von wenigen hundert Metern wohnten. Aber das «Programm» der einzelnen Vorstandsmitglieder, zwischen Beruf, Familie und Vereinstätigkeit, und sei schon sehr voll. Aber es lohne sich: «Wir sorgen für Leben im Dorf», ist Andrea Ammann überzeugt. Auch die anderen Vereine in Känerkinden seien sehr aktiv.

Die letzte Vereinspräsidentin habe einmal hochgerechnet, wie viele Stunden insgesamt für den Frauenverein aufgewendet würden. Alles seien erstaunt gewesen: «Woher nehmen wir diese Zeit?»

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