Musikalisches Ringen um Licht
Gelterkinden Neues Orchester Basel
Am Samstag spielte das Neue Orchester Basel in der katholischen Kirche Gelterkinden. Vorweg: Wer nicht dabei war, hat eine grossartiges Musikerlebnis verpasst. Den Auftakt machte die Weihnachts-Ouvertüre von Samuel Coleridge-Taylor, ein zugängliches Stück, das ein orchestrales Medley traditioneller englischer Weihnachtslieder darstellt. Der erst 15-jährige Cellist Lyam Chenaux übernahm in Max Bruchs Kol Nidrei den Solopart. Das Stück mit zwei Hauptthemen basiert auf dem jüdischen Gebet Kol Nidrei, ein Reinigungsgebet vor dem Jom Kippur. Es ist lyrisch, spirituell und wehmütig. Chenaux führte die ausdrucksstarke kantable Linie des Cellos mit Abgeklärtheit, erstaunlicher musikalischer Reife und sensibler Emotionalität. Es gab im Publikum Einzelne, die zu Tränen gerührt waren.
Mit Joseph Haydns Sinfonia concertante B-Dur wurde ein klassisches Werk präsentiert. Haydn schrieb es 1792 in wenigen Tagen als kompetitive Antwort auf Ignaz Pleyels Sinfonia concertante. David Castro-Balbi (Violine), Josep-Oriol Miró Cogul (Violoncello), Kelsey Maiorano (Oboe) und Lili Szutor (Fagott) brillierten in den Solopassagen. Der erste Satz enthält ein «Fragemotiv». Die vier Hauptinstrumente treten abwechselnd oder gemeinsam auf. Über allem schwebt die Frage: Wer führt jetzt gerade? Der Satz lebt von humorvollen kleinen Überraschungen, unerwarteten Wendungen, Dialogen und virtuosen Läufen. Der zweite Satz bezaubert mit seinem pastoralen lyrischen Klang und einer schwebend-zarten Harmonik. Hier setzte auch das Cello mit seinen Kantilenen eine «Duftmarke» in die beinahe kammermusikalische Atmosphäre. Der dritte Satz, ein Allegro con spirito, ist lebhaft und verspielt und erinnert anfangs an eine Opernszene. Die erste Violine antwortet auf die stürmische Anfangspassage mit einem Adagio-Rezitativ. Immer wieder kommt es zu virtuosen Solopassagen und zu Schlagabtäuschen, die von den Solisten Reaktionsschnelligkeit verlangt.
Im Largo aus der Triosonate des Musikalischen Opfers von Johann Sebastian Bach überzeugten Castro-Balbi und der Flötist Tommaso Gaeta in ihrem Zwiegespräch. 1844 erlitt Robert Schumann einen Zusammenbruch, aus dem er sich mithilfe von Bach und der Komposition der Zweiten Sinfonie wieder emporarbeitete. Dieses Werk ist wohl das persönlichste und ergreifendste Werk der romantischen Sinfonik und spiegelt das bipolare Wesen Schumanns auf eindrückliche Weise. Das choralartige Trompetensignal zu Beginn prägt diese Sinfonie. Nach dem melancholischen Teil der Verzweiflung folgt im ersten Satz das bewegte Allegro der Hoffnung mit energiegeladenen Streicherfiguren. Im Scherzo – Allegro vivace wurde Dirigent Christian Knüsel den manisch schnellen Tempoangaben Schumanns gerecht. Nervös und wie eine Dampflokomotive in Höchstgeschwindigkeit jagte das Orchester durch die Takte. Der dritte Satz, Adagio expressivo, war dann ein ergreifendes introspektives Innehalten mit kantablen Streichern und warmen Holzbläsern. Nach dem befreienden und lichtvollen Finale erhob sich das Publikum zu Standing Ovations.






