Gemeinsam auf dem Weg

Lausen Seit 25 Jahren ermöglicht der «Räbhof» Menschen mit einer Behinderung ein möglichst selbstständiges Leben

Geschäftsführer Beat Thommen vor dem Räbhof: Am Fest vom 21.Juni öffnet die Institution ihre Türen. Fotos: M. Schaffner

Geschäftsführer Beat Thommen vor dem Räbhof: Am Fest vom 21.Juni öffnet die Institution ihre Türen. Fotos: M. Schaffner

Der Räbhof liegt mitten im Dorf und auf der Hinterseite ist noch Platz für spätere Erweiterungen vorhanden.

Der Räbhof liegt mitten im Dorf und auf der Hinterseite ist noch Platz für spätere Erweiterungen vorhanden.

Am Anfang stand eine Vision: Menschen mit einer Behinderung sollten möglichst selbstständig wohnen – soweit es ihre Behinderung zulässt, – ihre Intimsphäre sollte gewahrt werden und sie sollten ihr Leben nicht isoliert von der übrigen Bevölkerung verbringen.

Die Realität, die Beat Thommen Mitte der 1980er-Jahre bei seiner Arbeit in einem Behindertenheim antraf, entsprach diesem Idealbild kaum. Damals war es üblich, dass die Bewohnerinnen und Bewohner in grossen Wohngruppen lebten und in Mehrbettzimmern schliefen, Intimsphäre gab es kaum, dafür viele Gruppenzwänge. «Ich hatte die Vision, das Ganze menschenwürdiger zu gestalten», sagt Beat Thommen.

Nach einem Stellenwechsel zur Eingliederungsstätte Baselland, wo er als Gruppenleiter arbeitete und sich zum Sozialpädagogen ausbilden liess, fand er Gleichgesinnte. Es formierte sich eine Arbeitsgruppe, aus der 1989 eine Stiftung hervorging. Als Bürger von Basel-Olsberg – dem Baselbieter Teil des Dorfes Olsberg – konnte Beat Thommen die Bürgergemeinde dafür gewinnen, ihre «Armenkasse» als Stiftungskapital zur Verfügung zu stellen. Eine geeignete Liegenschaft, um die Vision zu realisieren, war bereits gefunden: ein altes Bauernhaus mitten im Dorfkern von Lausen, der heutige Räbhof. «Als ich davorstand, hatte ich sofort den Eindruck, das ist der richtige Ort», erinnert sich Beat Thommen. «Das Gebäude ist ins Dorf integriert und hintendran hat es Land für eine spätere Erweiterung.»

25- und 30-Jahr-Jubiläum

Unterstützung boten unter anderem die damaligen Nationalräten Angeline Fankhauser und Theo Meyer an. Auch das damalige Bundesamt für Sozialversicherungen und der Baselbieter Landrat liessen sich von dem Projekt überzeugen, sodass am Schluss 4,5 Millionen Franken zusammenkamen – der Räbhof mit Einzelzimmern und Atelier konnte realisiert werden. Das ist jetzt genau 25 Jahre her: Der Räbhof darf also dieses Jahr das 25-Jahr-Jubiläum, die Stiftung das 30-Jahr-Jubiläum feiern.

Über die Jahre kamen weitere Gebäude und Gebäudeteile dazu, Zimmer wurden vergrössert, Wände durchbrochen, der Garten wurde attraktiver gestaltet, immer mit der Absicht, die Lebensqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner zu erhöhen.

Eine Pionierleistung war die ambulante Begleitung in Aussenwohnungen. «Da haben wir bewusst Geld investiert, weil wir der Meinung sind, auch Menschen mit Behinderung sollen selbstständig wohnen können», erläutert Geschäftsführer Beat Thommen. Wichtig sei einfach der Anschluss an den Räbhof. Die Gemeinschaft, der Austausch mit anderen und gemeinsame Freizeitaktivitäten würden der Vereinsamung entgegenwirken.

Atelier-Produkte im «Mosaiko»

2005 eröffnete der Räbhof zudem den Laden «Mosaiko» in der Kanonengasse in Liestal, in dem die Produkte aus dem eigenen Atelier und von anderen Institutionen verkauft werden. Vor einigen Monaten ist das «Mosaiko» an einen noch zentraleren Ort gezügelt, in die Liestaler Rathausstrasse. Ein weiterer, kleinerer Laden befindet sich im Ateliergebäude gegenüber vom Räbhof in Lausen.

Viel verändert in 25 Jahren

Der Räbhof bietet heute 21 Wohnplätze, 7 Plätze für ambulante Wohnbegleitung sowie 34 Arbeitsplätze. Die total 48 Mitarbeitenden verteilen sich auf etwa 21 Vollzeitstellen und sechs Ausbildungsplätze (Praktika und Fachmann/-frau Betreuung EFZ). Ideen für weitere Projekte sind angedacht, etwa ein zusätzlicher Neubau oder ein Gartencafé, aber noch nicht spruchreif.

In den letzten 25 Jahren habe sich in der Behindertenarbeit viel verändert, stellt Beat Thommen fest. Habe man früher versucht, Menschen mit einer Behinderung zu «fördern», so sei das heutige Verständnis, dass man gemeinsam einen Weg gehe. Alle befänden sich in einem ständigen Lernprozess: Mitarbeitende, Bewohner, Eltern, gesetzliche Vertreter, Angehörige. Und da sich Menschen mit einer Behinderung offener und spontaner verhalten würden, als wie es als «normal» angesehen werde, sei auch die Gesellschaft gefordert.

Mittendrin: Das Jubiläumsfest

Den Kontakt mit der Dorfbevölkerung pflegt der Räbhof deshalb seit je. Er hat Kontakt mit Vereinen wie dem Fussballklub oder früher dem Kirchenchor und am letztjährigen Dorffest war er mit dem «Kaffi Räbhof» aktiv beteiligt. Auch wenn die Bewohnerinnen und Bewohner einkaufen oder ins Café gehen, treffen sie auf die lokale Bevölkerung. «Man kennt uns, zum Teil sogar mit Vornamen – das ist eine tolle Integration», sagt Beat Thommen. Ein Grossteil der Bewohner sei schon seit Jahren oder Jahrzehnten im Räbhof, da es sehr wenige Wechsel gebe: «Es ist ihr Daheim, und wir sind mittendrin.»

«Mitten drin» ist auch das Motto des Jubiläumsfests, das am Freitag, 21. Juni, stattfindet. Ein Teil der Strasse wird gesperrt, Foodtrucks fahren auf und ein Festzelt wird aufgestellt. Für Unterhaltung sorgen das Räbhof-Chörli und die Band Age on Stage und an der Tombola winken als Hauptpreis drei Tage Wellness im Schwarzwald für zwei Personen. www.raebhof.ch

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