Franz Kaufmann sagt Adieu
Liestal Die Bürgergemeinde hat ihren Präsidenten würdig verabschiedet

Die Bürgergemeindeversammlung vom letzten Montag war nun weiss Gott nicht der grosse Knaller mit brisanten Themen. Trotzdem drängten sich 82 Stimmberechtigte und acht Gäste in den schwül-warmen Stadtsaal des Rathauses. Sie wollten natürlich in erster Linie der feierlichen Verabschiedung von Bürgerratspräsident Franz Kaufmann beiwohnen. Diese Zeremonie wurde zwar in der Traktandenliste «nur» unter «Verschiedenes» aufgeführt, der mehrfach geäusserte Dank und die Wertschätzung dieses aussergewöhnlichen Politikers überstrahlten den geschäftlichen Teil aber bei weitem.
Immerhin: Die Jahresrechnung 2024 ist wie in den vergangenen Jahren der grosse Aufsteller der Bürgergemeinde Liestal. Dazu Finanzchef Franz Thür: «Wir sind schuldenfrei und haben als Resultat umsichtiger Finanzpolitik genügend Spielraum um den laufenden Betrieb zu sichern und neue Projekte anzugehen.» Dies insbesondere dank dem «Goldesel» Deponie Höhli, die nach dem geplanten Erweiterungsbau ab 2028 die weiteren Einnahmen sichern sollte. So resultierte im vergangenen Jahr ein nach Abschreibungen konsolidierter Ertragsüberschuss von rund 1,8 Millionen Franken der ins Eigenkapital übergeht und nun 36 Millionen Franken beträgt. Eine Bilanz, die jedem Gemeindekassier die Tränen in die Augen treibt. «Geld weckt Begehrlichkeiten», sagte Daniel Wenk im Gespräch mit der ObZ und mahnte ganz allgemein zu gewisser Zurückhaltung. Im Weiteren wurde berichtet, dass die ursprünglich umstrittene Wohnüberbauung Grammet nun zu 100 Prozent ausgelastet und die Sanierung der Infrastruktur im Cheddite-Areal abgeschlossen ist. Da wurde der gesprochene Investitionskredit von 150000 Franken sogar leicht unterschritten.
Ein «grosser Liestaler» tritt ab
Obwohl Franz Kaufmann 2019 nach seinen Mandaten als Einwohnerratspräsident und Liestaler Stadtrat von der Politbühne abtreten wollte, entschloss er sich als damaliger Vorsteher des Stadtbauamtes und Vize-Stadtpräsident für den kriselnden Bürgerrat zu kandidieren. Nach einer sicheren Wahl ist es ihm in kürzester Zeit gelungen, mit seiner konzilianten und klaren Haltung wieder Ruhe in das Gremium hineinzubringen und dessen Glaubwürdigkeit wieder herzustellen. Das tat er denn auch als zentrale politische Figur mit grossem Erfahrungsschatz. Nach fünfjähriger Amtszeit beendet nun der 69-Jährige seine Laufbahn in der er sich immer uneigennützig in den Dienst des Liestaler Gemeinwesens stellte. Die verdienten Blumen für die so wertvolle Arbeit seines Amtskollegen überreichte sodann der designierte Ratspräsident Franz Thür dem Winzer Kaufmann als Laudatio im Wein-Jargon. «Es waren fünf volle Jahrgänge, sorgfältig ausgebaut, mit Charakter und Reife und einem Hauch Eigenwilligkeit – wie ein guter Wein.» Franz Kaufmann habe den Bürgerrat mit Herzblut geführt, nicht als Politiker, sondern als Mensch unter Menschen, so Thür. Einer der zuhört, vermittelt, moderiert und nie vergisst, dass Demokratie wie ein guter Wein ist. Sie braucht Geduld, gute Böden, Pflege und die richtige Mischung aus Sonne und Regen. «Lieber Franz, du wirst weiterhin in uns nachklingen, mit deiner feinen Art und dem trockenen Humor. Wir danken Dir mit grossem Respekt!»