Orchester Liestal überzeugte mit Hochromantik

Liestal Gade, Sibelius und Tschaikowski im KV-Saal  

Niels Gade, originell instrumentiert mit Harfe und Tuba. Das Orchester Liestal unter Roberto Fabbroni. Foto: T. Brunnschweiler

Am Wochenende spielte das Orchester Liestal im KV-Saal unter dem Dirigat von Roberto Fabbroni zweimal ein attraktives Programm mit Gade, Sibelius und Tschaikowski. Vor der Pause lag der Schwerpunkt auf den nordischen Komponisten. Der Däne Niels Wilhelm Gade (1817–1890) ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Das Orchester spielte dessen meistgespieltes Stück «Nachklänge von Ossian», Op. 1. Erst 23-jährig reichte Gade diesen Geniestreich bei einem Wettbewerb ein und gewann den ersten Preis. Das sinfonische Stück beginnt mystisch in den tiefen Streichern, bevor die Klarinette das Thema intoniert. Dem Orchester gelang es, die Steigerung des spannungsvollen Werks adäquat wiederzugeben, das neben einem Marsch auch dramatische Passagen sowie eine schöne Cellokantilene enthält. Den Schluss markiert eine Reprise des Anfangs, die mit Pizzicati ausklingt. In der berühmten «Karelia Suite», Op.11, des Finnen Jean Sibelius war vor allem bei den Streichern viel repetitive Feinarbeit gefordert. Das «Intermezzo», das einen karelischen Jäger bei seinen Aufgaben beschreibt, beginnt mit einem leisen Quintsprung-Teppich der Streicher, über dem die Hörner mit der Melodie einsetzen. Das Stück erfährt eine Steigerung bei den Blechbläsern und dann ein Tutti, um zur Ruhe des Anfangs zurückzukehren. Die «Ballade» soll an einen schwedischen König denken lassen, der sich durch Minnesänger unterhalten lässt. Die Holzbläser setzten einen subtilen Anfang, und das Orchester verlieh diesem Teil einen sphärischen Charakter. «Alla Marcia» ist ein schneller, spritziger Marsch, der eine Programmmusik zu einer Burgbelagerung sein könnte. Roberto Fabbroni wählte ein gutes Tempo und gestaltete die Dynamik sehr differenziert.

Äusserst positiver Gesamteindruck

Nach der Pause erklang die 5. Sinfonie, Op. 64, von Pjotr Iljitsch Tschaikowski. Der Komponist befand sich in einer tiefen Krise, als er dieses auch «Schicksalssinfonie» genannte Werk schrieb. Am Anfang intonierten die Klarinetten warm das Schicksalsthema. Der langsame Satz von melancholischer Schönheit beginnt fast schwerelos, ist aber voller Kontraste; das Orchester arbeitete die Dramatik stimmig heraus. Leicht und elegant erklang die «Valse». Das Finale erinnert an den ersten Satz. Das Leitthema wird aufgegriffen; dann aber setzt ein zweites Thema vorwärtsdrängend ein. Manchmal hatte man das Gefühl eines mächtigen Windbrauses, der durch den Saal weht. Machtvoll und energiegeladen endet die Sinfonie. Obwohl ein Laienorchester nie die technische Perfektion eines professionellen Orchesters erreichen kann, muss gesagt sein, dass die Ausführung dieses anspruchsvollen Programms überzeugte. Die Streichregister brillierten mit Insistenz und Kraft, die Holzbläserinnen und -bläser mit ansprechendem Klang und auch das Blech, die Harfe und die Perkussion trugen zum positiven Gesamteindruck dieses Konzertes bei, dem ein frenetischer Applaus folgte.

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