Gastronomieverband wünscht sich eine etappenweise Öffnung

Liestal Enrique Marlés, Präsident von Gastro Baselland, beurteilt die aktuelle Lage

Enrique Marlés hat viele Wünsche an den Bundesrat. Foto: B. Eglin
Enrique Marlés hat viele Wünsche an den Bundesrat. Foto: B. Eglin

Enrique Marlés ist Hotelier und Präsident von Gastro Baselland. Der Verband setzt sich für die Interessen der Hotellerie und Gastronomie ein und engagiert sich in Themen wie Berufsbildung und Qualität. Was der Präsident zur aktuellen Lage meint, teilte er uns am 20.April mit. Bis Sie das Interview lesen können, kann sich die Situation nochmals verändern.

ObZ: Wie wirkt sich die Verschiebung der Baselworld auf die Baselbieter Gastronomie und Hotellerie aus?

Enrique Marlés: Es trifft die ganze Gastronomie und Restauration sehr schwer, aber auch die Event-Lokale etc. sind sehr von der Verschiebung sowie auch von der Entwicklung betroffen. Die Schäden sind bleibend, da sich die Messe – so wie es aussieht – nie wieder auf dem Niveau befinden wird, wie es einmal war. Das Ganze begann ja mit dem Wegzug der Swatch-Gruppe – und die jetzige Situation mit den weiteren Abgängen von grossen Kalibern und dazu noch die Corona-Problematik – einfach tragisch.

Wären solche Einbussen gut zu verkraften, wenn sie einmalig wären?

Ja, sicher. Wenn dies eine einmalige Sache wäre, wäre dies sicher verkraftbar. Aber der nun dauernd verlorengegangene Umsatz ist sehr, sehr schmerzhaft.

Wo hat die Baselbieter Gastronomie seit der Schliessung der Betriebe das grösste Problem?

Die Kurzarbeit hilft. Die Entscheide der Baselbieter Regierung und deren lösungsorientierte Haltung und Handeln helfen enorm und geben Hoffnung. Das grösste Problem ist zur Zeit, dass der Bundesrat es verpasst hat, für die Tourismusbranche und Gastronomie eine Perspektive aufzuzeigen. Dann sind die Mieten eines der ungelösten Hauptprobleme – die der Bundesrat erneut nicht anpackt – sowie die hohen Nebenkosten in der Gastronomie.

Welche Soforthilfe oder langfristige Hilfe wünschen sich die Wirte?

Im Baselbiet haben wir ja das Glück, dass der Regierungsrat eine nicht zurückzuzahlende Soforthilfe im Betrag von 7500 Franken und 200 Franken pro Mitarbeitenden bis maximal 10000 Franken verabschiedet hat. Weiter ist die Gutscheinaktion von Baselland Tourismus mit der Gastro Baselland «ein Bier für 100 Franken» sehr erfolgreich und sicher nicht nur eine moralische Unterstützung. Bis jetzt sind über 310000 Franken zusammengekommen. Auch weitere Aktionen wie zum Beispiel «s Baselbiet schaffts» der Wirtschaftskammer Baselland sind exzellent. Die Unterstützung der Bevölkerung ist sehr, sehr hoch.

Was wir uns wünschen würden, sind klare Entscheide vom Bundesrat betreffend Perspektiven für die Branche, Entscheide betreffend Mieten (es ist sinnlos, diesbezüglich tausende Prozesse loszutreten). Weitere mögliche Massnahmen sind ein reduzierter Mehrwertsteuersatz oder aber ein Aussetzten der MWSt für eine gewisse Dauer und eventuell in Härtefällen auch Direktzahlungen. Die zinslosen Darlehen sind – so schön dies tönt – für unsere Branche vielfach nicht zielführend.

Haben wir im Baselbiet zu viele Gastrobetriebe?

Nein.

Viele Gastrobetriebe leben schon lange an der Existenzgrenze und können keine Reserven bilden. Kann es durch die Schliessung eine Bereinigung geben, aus der gewisse Betriebe wegen weniger Konkurrenz gestärkt hervorgehen?

Man spricht schweizweit über bis zu 35 Prozent der Betriebe, die die Situation nicht überleben könnten. Dies trifft sicher in etwa auch für das Baselbiet zu. Es werden aber wieder neue Pächter kommen und das Vakuum füllen. Dass gewisse Betriebe gestärkt aus der Krise kommen, ist nicht anzunehmen, da das Loch, das in die Kasse gerissen wird, nie wieder wettgemacht werden kann. Wenn man zum Beispiel drei Monate nicht ins Restaurant gehen kann, wird man danach ja nicht drei Monate lang jeden Abend gehen oder das Geburts-tagsfest, das weggefallen ist, wird in der Regel nicht nachgeholt.

Wie muss sich ein Gast den Ablauf in einem Restaurant bei der Wiedereröffnung vorstellen?

Wir gehen davon aus, dass dies etappenweise geschehen wird. Zuerst öffnen die eher geeigneten Betriebe, was die Hygieneregeln et cetera betrifft. Aber auch die Grösse und die Lage sowie die Ausrichtung sind entscheidend. Das dem Bundesrat von der Gastrosuisse vor mehr als zehn Tagen eingereichte Konzept sieht alles vor, vom Abstand über die Hygienevorschriften hin bis zu der zulässigen Personenanzahl pro Quadratmeter. Der Restaurantbetreiber, der dies möchte, kann dies umsetzen. Und dann ist der Gast bei uns in den Restaurants sicher, nicht unsicherer als im Grossverteiler beim Einkaufen, beim Coiffeur oder in der Massage. Aber, wenn man mal aufmacht, dann geht dies sehr schnell. Man kann sich dies vorstellen wie in einem Saisonbetrieb. Diese öffnen und schliessen ja in der Regel auch zwei Mal im Jahr.

Interview: Beat Eglin

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