Gemeinsam liest man weniger alleine
Liestal Lesekreise gewinnen rasch an Popularität

Lesen ist die wohl am stärksten verbreitete kulturelle Aktivität und eine der grössten und wichtigsten Errungenschaften der Menschheit. Unbestritten ist die grosse Bedeutung des Lesens als grundlegende Kulturtechnik und fördert die persönliche Entfaltung. Es ist ein dynamischer Prozess, wobei der Lesende versucht auf seine Art, den Text oder das Buch zu verstehen. Mit dem Ziel eines besseren Textverständnisses und um das Gelesene mit anderen literarisch Interessierten auszutauschen, starteten vor gut zehn Jahren die Bibliotheken und Buchhandlungen Baselland eine kantonsweite Kampagne zur Förderung von Lesekreisen mit dem Motto «Mehr als Lesen – dein Lesekreis». Mit dieser Initiative wollten sie die Buch- und Lesekultur fördern und den Stellenwert des Lesens stärken, verbunden mit der Hoffnung, viele Menschen zu animieren, Lesekreise zu gründen oder sich bereits bestehenden anzuschliessen.
Solche Lesekreise, die sich zum Teil schon vor vielen Jahren bildeten, haben einen verbindenden Charakter. Sie sind thematisch offen und ermöglichen in einer vertrauensvollen Runde mit fünf oder sechs Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort eigene Leseerfahrungen zu einem Buch oder zu einem Text, der zuvor vereinbart worden war, einzubringen. Sie sollen für Menschen mit unterschiedlicher sprachlicher und kultureller Herkunft offen sein. Erfreuliche Nebeneffekte solcher beständigen literarischen Gemeinschaften ist die soziale Einbindung, die sich mit gemeinsamen Ausflügen oder Restaurantbesuchen manifestiert, und das in Umlauf bringen von Büchern.
Zu den Pionierinnen dieser damaligen literarischen Initiative zählt die heute 42-jährige Susanne Wäfler-Müller. Sie ist seit zwölf Jahren als Teamleiterin in der Kantonsbibliothek angestellt und wird am 1.Mai 2020 die Gesamtleitung von Gerhard Matter übernehmen, der in den Ruhestand tritt. «Wir wollten dazumal die Lücke einer fehlenden Anlaufstelle für interessierte Leserinnen und Leser, die sich in einer Gemeinschaft austauschen wollten, schliessen», erläutert sie den Grund der Initiative zu der kantonsweiten Kampagne, «dies nach Vorbild von Lesekreisen im angelsächsischen Raum, wo diese sehr verbreitet sind.»
Damit soll das Lesen in Gruppen sichtbarer gemacht werden. Nicht ohne Erfolg, denn das Mitmachen in einem Lesekreis entspricht offensichtlich einem grossen Bedürfnis, denn unterdessen existieren über den ganzen Kanton verteilt einige Dutzend Lesekreise, darunter ein spanischer und ein englischer. Susanne Wäfler stellt erfreut eine stetig steigende Tendenz fest: «Trotz digitaler Errungenschaften nimmt das Bedürfnis nach realem Austausch stetig zu.»
Auch Jacqueline Eggenschwiler, Leiterin der Bibliothek in Sissach, beobachtet vermehrt Anfragen für das Mitmachen in einer Lesegruppe. «Es besteht offensichtlich immer noch ein grosses Bedürfnis, sich solchen Lesekreisen anzuschliessen.» Die Lesekreise, mit einer Grösse zwischen drei und zehn Personen, bilden sich spontan und definieren die Spielregeln selber, ohne irgendwelche Vorschriften seitens der Bibliotheken. Diese leisten bei der Gründung eines Kreises in Form von Tipps und Anregungen Anschubhilfe.
Mit der Entwicklung der Leserkreise zeigt sich Susanne Wäfler zwar zufrieden, trotzdem möchte sie diesen Leserkreisen wieder neuen Schwung verleihen und in Zusammenarbeit mit den anderen Bibliotheken in einer noch zu definierenden Form demnächst bei der Bevölkerung wieder in Erinnerung rufen. Einige Lesegruppen zeigen sich momentan von ihrer innovativen Seite. Sie lassen sich vom Coronavirus nicht in die literarischen Knie zwingen und tauschen sich online aus.
Weitere Infos unter www.kbl.ch oder direkt bei Susanne Wäfler (susanne. waefler@bl.ch oder 0615525795)