Rechengenie aus Lausen

Sozial engagiert 200.Geburtstag von Johann Jakob Balmer  

Balmers Schrift zum sozialen Wohnungsbau, 1853. Foto: Münchener Digitalisierungszentrum

Balmers Schrift zum sozialen Wohnungsbau, 1853. Foto: Münchener Digitalisierungszentrum

Markanter Kopf und grosser Geist: Johann Jakob Balmer.Foto: Wikipedia

Markanter Kopf und grosser Geist: Johann Jakob Balmer.Foto: Wikipedia

Heute vor genau 200 Jahren kam am 1. Mai 1825 in Lausen Johann Jakob Balmer auf die Welt. Kaum jemand in unserer Region dürfte den Sohn eines Ziegeleibesitzers und Politikers noch auf dem Radar seiner intellektuellen Wahrnehmung haben.

Einzig Mathematikern und Physikern dürfte der Name Balmer noch etwas sagen. Johann Jakob Balmer studierte erst Philologie und Mathematik an der Universität Basel. Diesen Studien schloss sich ein Architekturstudium am Polytechnikum Karlsruhe und an der Universität Berlin an. Im Alter von 24 Jahren promovierte er an der Uni Basel über Zykloide; das sind periodische Kurven, die in der Technik von praktischem Nutzen sind. Der umfassend interessierte, gebildete und gläubige Balmer war von 1859 bis zu seinem Tode 1898 als Mathematiklehrer an der «Unteren Töchterschule» am Kohlenberg in Basel tätig. Auf seinem Kerngebiet, der Darstellenden Geometrie, war er von 1865 bis 1890 Privatdozent an der Universität Basel.

Sozial engagierter «Uomo universale»

Fast wie Goethe zeichnete sich Balmers Interessen- und Tätigkeitsfeld durch eine grosse Breite aus. Neben seinen wichtigsten Beiträgen für die Spektroskopie und Atomtheorie beschäftigte er sich auch mit der Kabbalistik, einer Lehre, die sich mit der göttlichen Weisheit und deren Ausformungen beschäftigt. Ebenso im Fokus seiner Neugier stand die Numerologie. Er berechnete etwa die Stufenanzahl der Pyramiden oder den Grundriss der biblischen Tempel. Balmer sass aber nicht im sprichwörtlichen Elfenbeinturm, sondern stand mit beiden Beinen im Leben. Er war Mitglied des Basler Grossen Rats, Schulinspektor und Armenpfleger und Mitglied des Kirchenvorstands. Noch bevor sein Geburtstag 1890 zum «Protest- und Gedenktag» der Arbeiterbewegung wurde, war Balmer sozial engagiert. So erschien 1853 seine Schrift «Ueber Arbeiter-Wohnungen in und um Basel». Diese Schrift atmet ein tiefes Verständnis für die Arbeiterklasse. Im dritten Teil der Schrift fehlen auch nicht Bauentwürfe und Kostenberechnungen. Neben Architektur, Sozialhygiene und sozialem Wohnungsbau beschäftigten Balmer auch die gemeinsamen Grundfragen von Naturwissenschaft, Philosophie und Religion («Gedanken über Stoff, Geist und Gott. Aphorismen», 1891).

Bedeutung für die Quantenphysik

Die zentrale Leistung Balmers war aber die Entdeckung einer Formel, mit der sich die sichtbaren Spektrallinien des Wasserstoffatoms beschreiben liessen. Die 1885 entdeckte «Balmer-Formel» veränderte die Welt. Der spätere Physik-Nobelpreisträger Niels Bohr sagte einmal: «Sobald ich Balmers Formel sah, war alles klar!» Die «Balmer-Serie» war entscheidend für die Entwicklung des Atommodells von Bohr im Jahr 1913. Johann Jakob Balmer ist bedeutend, weil seine durch Erfahrung gefundene Formel das Tor zur quantenphysikalischen Beschreibung von Atomen aufstiess. Die «Balmer-Serie» wird übrigens auf Youtube gut erklärt. Verblüffend an dieser Persönlichkeit ist ihre enorme Vielseitigkeit und die Verbindung von Menschenliebe, Wissenschaft, kultureller Bildung, Philosophie und Spiritualität.

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