Typisch Mädchen – typisch Junge
3D-Fachtagung Diskussionen über geschlechterspezifische Rollen und Diskriminierung

An der 3D-Fachtagung Jugend (3D steht für drei Direktionen) des Kantons Baselland diskutierten Fachleute über Gender und Gleichstellung bei Jugendlichen. Durch Vorträge und Workshops wurde die Thematik vertieft. Die grosse Bedeutung des Anlasses unterstrich der Besuch der Regierungspräsidentin Kathrin Schweizer. Sie sagte, dass Gleichstellung nicht ab einem bestimmten Alter beginnt und erzählte eine Geschichte aus ihrer Jugend. Damals durfte sie und ihre Schwester nicht am Fackelumzug mitmachen, da dieser den Buben vorbehalten war. Zur Betonung der Männlichkeit malte ihr Vater den Mädchen einen Schnauz auf die Oberlippe. Schliesslich durften sie dann doch mitmarschieren.
Obwohl sich schon viel getan habe im Bereich Gleichstellung und der Möglichkeit, so zu leben, wie man will, fragt sie sich, ob es tatsächlich auch so sei.
Die Moderatoren warfen das Zitat «Its better to be a bad feminist than no feminist» in die Runde und begrüssten Dominique Grisard vom Zentrum für Gender Studies an der Universität Basel. Sie erörterte, was typisch Mädchen oder typisch Junge sei. Dabei stellte sie fest, dass es unterschiedliche Vorstellungen von Geschlechtsdefinition gibt. Dass Gender Marketing durch die Gesellschaft geht, zeigte sie an den Beispielen von herbem Deo für Männer oder dem pinken Ladyshave und dem blumigen Duschgel.
«Es gibt natürliche, biologische Geschlechterdifferenzen. Daraus wird auf das soziale Geschlecht und das gegengeschlechtliche Begehren geschlossen. Biologie ist nicht Schicksal, aber doch Kern und Ursprung unserer Geschlechterdifferenz.» Grisard erklärte, dass das Geschlecht historisch bedingt und veränderbar sei. Heute wird das Geschlecht zunehmend anders gelebt und verstanden. Um den Wandel aufzuhalten und Ängste zu schüren, werden immer wieder Geschlechterstereotypisierungen kreiert. Weiter sagte sie, dass die Geschlechtersozialisation interaktiv sei, schon vor der Geburt einsetze und nie wirklich abgeschlossen sei.
Homonegatives Schulklima
Patrick Weber von der FHNW für Soziale Arbeit vertiefte das Thema Homosexualität und sagte, dass die eigene Wahrnehmung und das Fremdbild auseinanderklafften. «Eigentlich will niemand homosexuell sein, weil man anders ist. Wenn das aber akzeptiert ist, ist man ein gutes Stück weiter. Dazu braucht es ein entsprechendes unterstützendes soziales Netzwerk.» Anhand von Studien belegte er, wie stark die Abneigung gegen Schwule in der Gesellschaft verbreitet sei. Das beginnt bereits in der Schule mit dem homonegativen Schulklima. Auch Jugendliche, die nicht homonegativ eingestellt sind, können sich so verhalten, weil es einfach so ist. Gruppendruck und Anpassung sind wichtige Faktoren für das eigene Verhalten. Schon Kleinkinder können diskriminieren, obwohl sie das noch gar nicht verstehen.
Sehr interessant war der Einstieg am Nachmittag mit drei Jugendlichen, die mit spannenden und sehr gut gemachten Texten das Publikum in ihren Bann zogen. Die junge Frau fragte: «Welches ist die beste Stellung? Heute weiss ich es: die Gleichstellung.» Thematisiert wurden Gleichstellung, Beziehungsstatus und das Fehlverhalten von Männern. Genervt sind die Jugendlichen von den Rollen- und Körperbildern in der Werbung. Frauen sind geschminkt und in Szene gesetzt. Vom weiblichen Körper wird Makellosigkeit verlangt und die Frau wird auf Sexualität reduziert. «Werbung darf ihre Macht nicht missbrauchen.»
In zwölf Workshops konnten die Teilnehmer zwei Themen aussuchen, um mehr darüber zu erfahren und mit anderen Interessierten darüber zu diskutieren.