Die Friedenslinde in Liestal

Liestal Zum 8.Mai erinnert Käthi Studer-Stalder an den bedeutsamen Baum, der heute vor 80 Jahren gepflanzt wurde  

Die Liestaler Friedenslinde 2025. Foto: K. Studer

Die Liestaler Friedenslinde 2025. Foto: K. Studer

Das Pflanzloch wurde mit Erde aufgefüllt und verfestigt.

Das Pflanzloch wurde mit Erde aufgefüllt und verfestigt.

800 Schülerinnen und Schüler zogen gegen Seltisberg hinauf.

800 Schülerinnen und Schüler zogen gegen Seltisberg hinauf.

Mitgebrachte Brieftauben wurden als Friedenstauben fliegen gelassen.Fotos: Theodor Strübin

Mitgebrachte Brieftauben wurden als Friedenstauben fliegen gelassen.Fotos: Theodor Strübin

«Eine grosse Last und Schwere ist von einem gefallen und hat einer stillen Dankbarkeit Platz gemacht , einer innerlichen Besinnung für das grosse Glück das unserer lieben Heimat beschert wurde. Wir sehen erst jetzt unter welchem Druck wir gestanden, keinen Tag sicher zu sein, nicht mit in das Ringen miteinbezogen zu werden.»

So meine Grossmutter in Liestal in ihrem Brief an ihre Tochter in Amerika am 12. Mai 1945.

Die Liestaler Lehrerschaft beschloss, mit allen Schulkindern eine Friedenslinde zu pflanzen: nahe dem Ort des 1.-August- und des Fasnachtsfeuers oberhalb des Reservoirs «Burg» . Einem prädestinierten Ort, hoch über Liestal mit grossartiger Aussicht.

Am 8. Mai 1945 marschierten 800 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern und etlichen Angehörigen gegen Seltisberg hinauf, wo auf dem höchsten Punkt bereits ein Pflanzloch gegraben worden war. Jedes Kind hatte eine Handvoll Erde von zuhause mitgebracht. Und ein paar Buben schleppten sogar grosse Körbe mit Brieftauben vom Militär auf den Hügel hinauf.

Um 14 Uhr erreichte der Zug sein Ziel. Ins Pflanzloch kam nicht nur die junge Linde, sondern unter ihre Wurzeln auch eine Friedensbotschaft mit dem Verzeichnis der Namen aller Schüler, eingeschlossen in eine Metallhülse. Dann leerten die Kinder ihre mitgebrachte Erde über die Wurzeln des Bäumchens, das Loch wurde mit weiterer Erde aufgefüllt und verfestigt. Und ein Pfahl gab dem jungen Bäumchen vorerst Halt. Natürlich durfte auch eine Rede nicht fehlen. Und es wurden Lieder gesungen. Während das Baselbieterlied erklang, wurden die mitgebrachten Brieftauben frei gelassen und flogen als Friedenstauben gen Himmel. Ein froher Anlass, der in den folgenden Jahren von einzelnen Klassen wiederholt wurde. Von der Seltisbergerstrasse her zweigte ein Fussweg rechts ab zur Anhöhe hinauf, markiert mit einem Wegweiser: «zur Friedenslinde». Dort hatte es , wie mir gesagt wird, auch eine Bank zum Verweilen.

Heute hat es keinen Weg mehr, keine Tafel, nichts! Und die Kinder, die begeistert von der Friedenslinde aus gegen das Reservoir hinunterschlitteln, wissen vermutlich nicht, was dieser schöne, grosse Baum für eine Bewandtnis hat.

In der Zwischenzeit ist fast der ganze Hügel hinter der Friedenslinde, sowie der Hang bis an den Orisbach hinunter überbaut worden. Ob diese neuen Nachbarn wissen, was das für ein Baum ist? In Liestal scheint mir, hat man weitgehend vergessen, dass dort oben auf dem Hügel, eine Friedenslinde steht!

In der Friedensbotschaft, die vor 80 Jahren unter der Linde vergraben wurde heisst es: «Mögest du, junge Linde, dich entfalten und je und je mahnen zur Eintracht, Frieden und Freiheit». Auch wenn sie das täte, keiner hört hin und nimmt sie wahr, weil kaum einer weiss, was das für ein besonderer Baum ist! Das ist meine eigene traurige und bedenkliche Erfahrung. Und gerne liesse ich mich eines Besseren belehren!

Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Aber heute, 80 Jahre später, sind wir wieder so weit. Krieg überall, auch nicht weit weg, im Osten von Europa. Wie dankbar und glücklich wären die Menschen z. B. in der Ukraine und im Gazastreifen, wenn auch sie eine Friedenslinde pflanzen könnten.

Heute, zum 80. Geburtstag unserer Friedenslinde, möchte ich die Stadt Liestal bitten, dieses wunderbaren Baumes zu gedenken und ihn wieder ins Bewusstsein der Liestaler Bevölkerung zu bringen. Ich möchte, dass er wieder einen Wegweiser und eine Gedenktafel bekommt. Dass man dort auch hingehen und vielleicht sogar eine Weile sich hinsetzen und verweilen kann.

Käthi Studer-Stalder, Liestal

Zum 8. Mai 2025

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