Kaum einer kennt Instrumente so wie er
Liestal Edmund Schönenberger sucht einen Nachfolger für sein florierendes Musikgeschäft

Das «Haus der Musik» am unteren Ende der Rathausstrasse in Liestal ist eine der letzten noch existierenden Musikfachhandlungen in der näheren und weiteren Umgebung. Seit über fünf Jahrzehnten versorgt die Musik Schönenberger AG die Region mit Musikinstrumenten, ausserdem führt sie ein riesiges Angebot an Musikalien und bietet Musikunterricht an. Das Phänomenale ist, dass das Geschäft trotz Konkurrenz durch den Internethandel wirtschaftlich hervorragend läuft. Über mangelnde Kundschaft kann sich Edmund Schönenberger wahrlich nicht beklagen: «Es ist komisch, wir haben immer wieder gestaunt», sagt er zur ObZ. Auch die Corona-Zeit habe das Geschäft problemlos überlebt: «Die Leute riefen an und wir bedienten sie zuhause.» Fast täglich kämen auch Kunden mit Reparaturwünschen.
Die Erklärung liegt sehr wahrscheinlich darin, dass das Internet die Beratung in einem qualifizierten Musikfachgeschäft nie wird ersetzen können. Und mit Edmund Schönenberger steht der Kundschaft eine echte Koryphäe in der Branche zur Verfügung – unter anderem hat er das erste Schweizer Lehrmittel für den Musikfachhandel geschrieben und war jahrelang Dozent im In- und Ausland.
«Die Leute machen ein, zwei Mal den Fehler, etwas im Internet zu bestellen und landen dann wieder bei uns», stellt Edmund Schönenberger fest. «Was es braucht, sind wirkliche Fachgeschäfte, die ein Instrument von Grund auf kennen und wissen, worum es geht.»
Geschäftstätigkeit noch bis Ende Jahr
Aber nun denken Edmund Schönenberger, der kürzlich das 80. Lebensjahr erreicht hat, und seine Frau ans Aufhören. Per Ende Dezember 2025 möchten sie die Geschäftstätigkeit einstellen. Eigentlich hätte es bereits früher soweit sein sollen. Aber Theo Seckinger, der Eigentümer der Liegenschaft, war besorgt, dass die definitive Schliessung des Hauses der Musik eine wesentliche Abwertung für die Innenstadtlage bedeuten würde: «Ein Musikhaus mit Jahrzehnten erfolgreicher Unternehmensgeschichte zu schliessen, wäre einfach unvernünftig.» Der Eigentümer hofft nun, mit diesem Aufschub eine würdige Nachfolge zu finden, damit das Musikhaus in Liestal nicht zur Geschichte wird. Umso mehr sei es wichtig, ein differenziertes Marktangebot der Fussgängerzone zu haben, wo Handel, Handwerk, Kunst und Kultur aufeinander treffen – Strukturen, die übrigens schon seit dem frühen Mittelalter in der innenstädtischen Entwicklung bestünden. «Da muss man Sorge tragen! Nun hoffen wir das Beste!», so Theo Seckinger.
«Wenn er nicht wäre, hätte ich schon aufgehört», betont Edmund Schönenberger. Und so sucht er nun nach einem geeigneten Nachfolger. Dieser könnte sich eigentlich ins gemachte Nest setzen: Kundschaft, Ware, Infrastruktur, alles wäre vorhanden. Aber erstens ist es gar nicht so einfach, eine Person mit der fachlichen Qualifikation zu finden: Wer beispielsweise Musik studiert, kennt sich bestenfalls mit ein bis zwei Instrumenten aus, verfügt aber nicht über das immense, breite Wissen, das sich Edmund Schönenberger über die Jahre angeeignet hat. Der zweite Grund ist, dass den jungen Studierenden, die sich bisher auf Schönenbergers Aufruf gemeldet haben, das nötige Eigenkapital für die Geschäftsübernahme fehlte.
Teilausverkauf und Kurse für Körper, Geist und Psyche
Aber es bleiben ja noch einige Monate bis Dezember und damit auch die Hoffnung, dass das Stedtli sein Musikfachgeschäft nicht verliert. «Wir hoffen, das wir bis dann jemanden haben, der das Fachgeschäft übernehmen kann», sagt Edmund Schönenberger. In der Zwischenzeit hat er einen Teilausverkauf gestartet, um das Sortiment zu reduzieren und an die veränderten Einkaufsgewohnheiten anzupassen. Momentan sind deshalb Blechblasinstrumente, Saxofone, Klaviere, Harfen, Violinen, Celli, E-Gitarren und Verstärker, Akkordeons sowie Noten und Fachbücher zu stark reduzierten Preisen erhältlich. Und wer das Haus mit seinen verschiedenen Stockwerken einmal besucht hat, weiss: Alles mitgezählt bis zum kleinsten und exotischsten Perkussionsinstrument, lagern hier Tausende von Artikeln.
Ein grosser Teil konnte aber bereits neue Besitzer/-innen finden. Das Ironische ist jedoch, das Edmund Schönenberger für diejenigen Sparten, die er bis Dezember beibehält und ausbaut, wieder neue Ware dazukaufen muss. Und so stapeln sich im Ladenraum schon wieder die Neueingänge. Zu den Spezialitäten gehören vor allem die akustischen Gitarren und Ukulelen sowie das Sortiment für Musiktherapie mit Handpan, Klangschalen, Stimmgabeln und weiteren Instrumenten.
Nach den Sommerferien wird Edmund Schönenberger ausserdem verschiedene Kurse an der Schnittstelle von Musik und Naturmedizin anbieten. «Durch die Musik erreichen wir den Körper, den Geist und die Psyche», ist Schönenberger überzeugt.
Neben Musik-Yoga oder Klangschalen-Therapie können voraussichtlich auch Kurse wie «Gehirnjogging durch Musik» oder «freies Musizieren mit diversen Instrumenten» besucht werden – alles ohne Vorkenntnisse im Einzel- oder Gruppenunterricht. Edmund Schönenberger spürt in diesem Bereich eine starke Nachfrage. «Ich konnte lange nicht viel machen, weil ich nicht alles machen konnte», sagte er, aber nun wolle er sich dem Kursegeben widmen. Es seien schon viele Anmeldungen eingegangen.
Eine interessante musikalische Berufslaufbahn
Schon als Kind war Edmund Schönenberger begeistert von der Wirkung, die die Musik auf die Menschen hat. Seine erste Gitarre kaufte er sich mit dem Geld, das er durch Mäusefangen und Kirschenpflücken verdient hatte. Auf Drängen seines Vaters erlernte er erst einen traditionellen Beruf, begann aber schon im vierten Lehrjahr die Matur im Abend- und Heimstudium, um sich danach zum Musiklehrer ausbilden zu lassen. Das Studium finanzierte er sich durch Privatunterricht und ein Teilpensum an der Musikschule in Dornach und Aesch.
Schon damals wollten die Eltern seiner Schüler Instrumente bei ihm beziehen. «Bald war meine kleine Wohnung überfüllt», erzählt Edmund Schönenberger. So musste er einen Raum mieten und schliesslich Fachpersonal anstellen, denn er absolvierte noch eine Weiterbildung in Musikwissenschaft und Musiktherapie.
Das erste Geschäft eröffnete er in Frenkendorf, danach zog er mehrmals in Liestal um, bis er ins jetzige «Haus der Musik» einzog.
In der Berufsbildung wurde er tätig, als er einen Lehrling für die Branche Musik ausbilden wollte – und feststellte, dass wegen der neuen Berufsbildungsverordnung eine qualifizierte Berufslehrperson gesucht wird. Edmund Schönenberger nahm die Herausforderung an und unterrichtete in Zürich für die ganze Schweiz 30 Jahre lang die Lehrlinge im Fachhandel. Und da es damals noch gar kein Lehrmittel gab, schrieb er dieses selber: die «Praktische Musik-Instrumenten-Kunde»in zwei Bänden mit 640 Seiten und das Lehr- und Arbeitsbuch «Musikgeschichte – Formen und Gattungen» mit 330 Seiten. 20 Jahre lang war er zudem Gastdozent für Schulmusik in Salzburg, Wien und Hamburg. Lehrbeauftragter und Masterexperte für die Musikbranche und Mitglied der Schweizerischen Prüfungskommission war er von 1999 bis 2010.
Als wäre das noch nicht genug, gründete er 1980 das Institut für Unterrichtsfragen mit einer Praxis für Musiktherapie und schrieb mehrere Fachbücher und weitere Beiträge in der Fachliteratur. Ganz neu ist sein Buch «Wie, wann und warum ist man musikalisch? Ursachen und Zusammenhänge» erschienen. «Jeder Mensch kann auf irgend eine Art musizieren oder sich mit Musik beschäftigen», heisst es in der Schlussbemerkung. Musik stehe als Elixier der ganzen Menschheit zur Verfügung, wirke sich auf Geist und Psyche aus und helfe, das Gleichgewicht zwischen Ratio und Emotion wieder herzustellen. Das Fach Musik sollte deshalb eine fester Bestandteil der Schulbildung in allen Bildungsanstalten sein.
Weitere Informationen und aktuelle
Neuigkeiten:
www.musik-schoenenberger.ch