Ein Schloss im Palazzo
Kunsthalle Palazzo «Martin Chramosta. Das Schloss», bis 26. Oktober
Kunsthalle Palazzo «Martin Chramosta. Das Schloss», bis 26. Oktober
Auf dem Rundgang durch die Ausstellungsräume der Kunsthalle Palazzo in Liestal mit Kurator Michael Babics lernte ein kunstinteressiertes Publikum die Werke von Martin Chramosta kennen. Er wurde 1982 als Sohn eines damals tschechoslowakischen Vaters und einer Schweizer Mutter in Zürich geboren, wohnt und arbeitet in Basel und Wien. Er liess sich zum Werklehrer ausbilden, später besuchte er unter anderem die Akademie der bildenden Künste in Wien.
In der Ausstellung, die noch bis Ende Oktober zu sehen ist, steht das Schloss im Blick. Es dienst als Projektionsfläche verschiedener künstlerischer Spannungen wie etwa Sicherheit vs. Geborgenheit, Zufluchtsort vs. Gefängnis, Tradition vs. Moderne. In seiner Einzelausstellung, die der Künstler unter dem Titel «Das Schloss» präsentiert, verknüpft Chramosta zahlreiche Vorstellungen, die als Projektionen historischer, architektonischer, sozialer und literarischer Fantasien fungieren. So etwa baute er Holzlatten zusammen, die zu imaginären Schlosstüren werden. Als solche verbinden sie Aussen- und Innenräume des «Schlosses», sind scharniergängig und beweglich und eröffnen den Weg zum nächsten Saal. Filigran in die Türen integriert sind rechteckige Metallgitter, die einen vielleicht wagen Blick von der Vergangenheit in die Gegenwart erlauben … Übrigens sind sämtliche Materialen Fundstücke.
Heraldische Motive manifestieren sich im Saal 4 der Kunsthalle. Da stehen zwei imposante Antennen aus rostigem Armierungseisen, die einen an Wappen erinnern, bestückt mit einem Schwan und eines Böhmischen Löwen mit Lyra. Ausgangspunkt der tierischen Sujets war einerseits der «Weisse Schwan», der das Dach seit den 1930 Jahren des gleichnamigen Kaufhauses in Prag krönt, andererseits das Logo des 1932 gegründeten tschechischen Plattenlabels «Supraphone». Saal 3 zeigt die Installation eines in der Mitte stehenden Bildschirms, der von einer Blechhülle umgeben ist. Allerdings läuft auf dem Bildschirm ein Brünner Zaun aus Metall, der das Motiv einer stilisierten exotischen Pflanze im Blumentopf zeigt. Wechselnde Sequenzen verwandeln die statischen Motive in fast bewegte Bilder; der pulsierende, leicht versetzte Wechsel wirkt hypnotisch.
Ob der Betrachter dabei nicht auch an die tausenden von Deutschen denkt, die nach Kriegsende 1945 im tschechoslowakischen Brünn auf einen Todesmarsch geschickt wurden, bleibt ein Geheimnis. Dafür könnte eventuell das Kunstwerk «Ruže» an der weissen Wand des Saals sprechen. Wie auch immer dem sei, die Gedankengänge des Künstlers sind komplex und überschneiden sich. Der Betrachter ist gefordert, muss sich mit den Werken – sie sind Versatzstücke eines imaginären Schlosses – auseinandersetzen. Gut so!
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