Einsatz, Emotionen, Entwicklung
Fussball Zwischen Teamspirit, Torfreude und taktischer Reife – das 3.-Liga-Frauen-Team des FC Bubendorf
Seit drei Jahren steht Pierre Thommen an der Seitenlinie des 3.-Liga-Frauen-Teams des FC Bubendorf. Der heute 27-jährige Baselbieter hat die Trainerrolle ohne grosse Vorerfahrung übernommen – und sie mit viel Herzblut, Empathie und Lernbereitschaft ausgefüllt. Seine erste Trainerstation ist nicht alltäglich, doch gerade das reizt ihn besonders.
Angefangen hat alles in einer Co-Trainer-Konstellation. Gemeinsam mit einem weiteren Trainer sollte er das Frauen-Team betreuen. Doch schon bald nach dem Start zog sich sein Kollege zurück – und Thommen übernahm das Ruder allein. «Es war definitiv ein Sprung ins kalte Wasser», erinnert sich Thommen, der zuvor nie als Trainer tätig war. Doch er brachte wertvolle Spiel-erfahrung mit: Als aktiver Fussballer stand er bis zur 2. Liga interregional im Kader des FC Allschwil und kennt das Spiel «von der Pike auf», wie er selbst sagt.
Trotzdem war der Wechsel auf die Trainerbank, und insbesondere zu einem Frauen-Team, eine Umstellung. «Der Umgang ist definitiv anders als bei den Männern», erklärt Thommen. «Mein ehemaliger Trainer hat uns mit Schimpfwörtern eingedeckt und war brutal ehrlich – so etwas hätte in einem Frauenteam keine Chance.» Frauen seien oft emotionaler, Konflikte würden differenzierter angegangen, und der Ton sei generell respektvoller. Diese Erfahrung sei für ihn aber nicht abschreckend, sondern vielmehr bereichernd. In seinem Beruf als Pflegefachmann sei er es gewohnt, viel mit Frauen zu arbeiten. «Ich kann gut zuhören, vermitteln und auf unterschiedliche Persönlichkeiten eingehen – das hilft mir auch als Trainer enorm.»
Neben dem menschlichen Aspekt fasziniert ihn auch die gesellschaftliche Komponente. «Frauenfussball ist nach wie vor eine Minderheitensportart. Ich finde es wichtig, diese Entwicklung zu unterstützen», sagt Thommen überzeugt. «Und wenn man sieht, wie sich das Team entwickelt hat, wie dankbar die Spielerinnen sind – dann macht das unglaublich Freude.»
Positive Entwicklung
Tatsächlich konnte sich das FC Bubendorf Frauen-Team in den letzten Jahren kontinuierlich steigern. In der abgelaufenen Saison belegte man einen soliden Mittelfeldplatz – mit Luft nach oben. «Wir haben unnötige Punkte verschenkt», bilanziert Pierre Thommen ehrlich. Erschwerend kam hinzu, dass alle Heimspiele der Rückrunde auswärts ausgetragen werden mussten – der Kunstrasen auf dem Sportplatz Brühl wurde erneuert. Besonders auffällig war das Torverhältnis: Mit 73 erzielten Toren stand das Team auf Rang vier der Liga – doch mit den erhaltenen Treffern lag man nur auf Platz acht. «Vorne sind wir brandgefährlich, aber defensiv müssen wir uns klar steigern. Daran arbeiten wir in der neuen Saison – vor allem am schnellen Umschaltspiel nach hinten.»
Bereit für die neue Saison
Trotz der Herausforderungen blickt Thommen optimistisch nach vorne. Unterstützt wird sein Team durch enge Kooperationen mit dem FC Frenkendorf (4. Liga) und dem FC Lausen 72 (ebenfalls 3. Liga).
Bei grosser Abwesenheitszahl kann flexibel auf Spielerinnen dieser Vereine zurückgegriffen werden – ein gängiges Modell im Frauenfussball der Region, um Spielabsagen zu vermeiden.
Die Liga selbst ist regional organisiert – mit Teams aus Basel und dem Baselbiet.
Ein Aufstieg in die 2. Liga wäre zwar sportlich reizvoll, würde aber auch mehr Reisetätigkeit bedeuten. «Manche Gegner sind dann eineinhalb Stunden entfernt. Das muss man gut abwägen», so Thommen.
Eine der tragenden Figuren auf dem Platz ist Erlisa Ibraimi – Topscorerin, Führungsspielerin und Identifikationsfigur. Seit vielen Jahren trägt sie das Trikot des FC Bubendorf, hat unzählige Tore erzielt und ist nicht nur fussballerisch eine Schlüsselfigur. «Sie reisst das Team mit, ist laut auf dem Platz, motiviert und übernimmt Verantwortung», beschreibt Thommen seine Offensivspielerin. Auch sie selbst blickt mit Stolz auf ihre Rolle im Team. «Ich hatte schon Angebote von höherklassigen Vereinen, aber aktuell fühle ich mich hier wohl. Der Aufwand wäre in höheren Ligen deutlich grösser – und leider ist die Entlöhnung im Frauenfussball immer noch sehr tief.»
Trotzdem: Die Leidenschaft für den Fussball ist bei Erlisa ungebrochen. «Frauenfussball ist für mich mehr als ein Hobby. Es ist ein riesiger Teil meines Lebens – auch wenn es viel Zeit kostet.» Die Sommerpause hat sie sich mit wohlverdienten Ferien gegönnt, nun will sie wieder voll angreifen. «Ich habe noch ein kleines Defizit in der Ausdauer, daran arbeite ich gerade. Ich will wieder in Topform kommen für die neue Saison.»
Europameisterschaften als Impuls
Erlisa verfolgt nicht nur die Spiele ihres Teams, sondern auch den internationalen Frauenfussball mit grosser Begeisterung. Die Europameisterschaft im eigenen Land war für sie ein Highlight. «Ich war bei zwei Spielen im Stadion. Die Stimmung war fantastisch – man spürt, dass der Frauenfussball mehr Aufmerksamkeit erhält. Es ist viel Dynamik in der Entwicklung, das freut mich sehr.» Auch den medialen Wandel nimmt sie wahr, wenngleich der Männerfussball weiterhin dominiert. «Ich schaue beides gerne – aber es wäre schön, wenn Frauenfussball mehr Präsenz bekäme.»
Die EM habe auch dem Nachwuchs einen Schub gegeben. Immer mehr junge Mädchen finden den Weg in den Sport – eine Entwicklung, die Erlisa sehr begrüsst. «Ich würde jedem Mädchen sagen: Mach es unbedingt! Setze dir Ziele, habe Freude daran – und mach es nur, wenn du es wirklich willst. Denn Fussball soll in erster Linie Spass machen.»
Mit genau diesem Spirit startet das Frauen-Team des FC Bubendorf in die neue Saison. Unter der einfühlsamen und engagierten Leitung von Pierre Thommen ist eine verschworene Gemeinschaft gewachsen – ein Team, das nicht nur mit Leidenschaft, sondern auch mit gegenseitigem Respekt und grossem Zusammenhalt überzeugt. Hier geht es nicht allein um Tabellenplätze oder Aufstiegsträume, sondern um persönliches Wachstum, Vertrauen und das gemeinsame Erleben einer Sportart, die den Spielerinnen viel bedeutet. Dieses Team zeigt, wie stark und interessant Frauenfussball sein kann – auf dem Platz und weit darüber hinaus. Ziel ist es, als Team stärker zu werden, sich weiterzuentwickeln und dabei stets die Freude am Spiel im Herzen zu tragen.
Das erste Spiel der neuen Saison wird am 16. August um 14 Uhr sein auswärts gegen den FFT Fricktal.