«Es geht um Toleranz und Anstand!»

Liestal Am Banntag appelliert Rottenchef Domenic Schneider an die Freiräume in der Gesellschaft

Die Mühsal des Aufstiegs. Fotos: U. Fluri

Banntag in Liestal – das ist nicht bloss der Vatertag nach dem Klischee eines germanischen Saufgelages. Klar, das Gesellige hat Vorrang, das schliesst aber nicht aus, dass Werte und Normen des Lebens benannt und auch in feucht fröhlicher Stimmung diskutiert werden. Wenn am Montag vor Auffahrt um viertel vor acht der weiche Klang der über 500-jährigen Glocke im Dachreiter des Törlis hörbar wird, macht sich trotz Riesenkrach aus den Vorderladern ein Hauch von Melancholie breit, dem Banntägler wird warm ums Herz.

Die über 1000 Männer spüren, vor ihnen liegt ein Tag, an dem diese verschworene Gemeinschaft einen uralten Brauch mit all den Ingredienzen von Heimatverbundenheit und Gemütlichkeit ausleben kann. Den rund 200 Banntäglern der 3. Rotte stehen die Grammet-Route hinauf zum Rastplatz Böpperli bevor.

Ein Auf- und insbesondere holpriger Abstieg, der ganz zünftig in die Knochen geht. Die Mühsal dieser Pièce de Résistance wird aber gemildert durch die Vorfreude auf den Znünihalt. Und mittendrin der Berichterstatter der ObZ, der als Gast vom Ärdbeerihübel das Geschehen seit vielen Jahren hautnah verfolgt.

Der Znünihalt ist indes nicht einfach ein simples Futtern und Tränken der hungrigen Wanderer. Nein das ist der Höhepunkt des ganzen Tages, der protokollarisch als eigentliches banntägliches Hochamt zelebriert wird. Der Verzehr des Schübligs, heruntergespült mit Gespritztem aus dem Muff, ist sodann der Auftakt zu einem traditionellen Ritual mit viel Pathos. Danach schart der Rottenchef seine «Schäfchen» ums Rednerpodium, einer schön verzierten Kiste, die exklusiv in der 3. Rotte als eigentliche Waldbühne dient.

Die mittlerweile gut verpflegte und völlig durchnässte Banntagsmeute lässt sich vom Hudelwetter nicht unterkriegen, ist immer noch bester Laune, rückt aber unter den schützenden Blachen doch ziemlich eng zusammen. Übrigens: Rottenwirt Willi Wyss sagte auf Anfrage, das miserable Wetter habe den «Muff-Konsum» überhaupt nicht beeinflusst. Da wollte man halt dem Regen von oben irgendwie mit Flüssigkeit von innen entgegenwirken … Jetzt ist die Bühne frei für den Rottenchef. Was nun da Domenic Schneider in gekonnter Theatralik und in guter Rhetorik von der Kiste herab unter die Leute brachte, war eine Banntagsrede mit dem Prädikat «hervorragend». Zwar hielt er nicht zurück mit frechen Bemerkungen etwa zu Nemo, dem non-binären Schweizer Vertreter am diesjährigen Eurovision Song Contest, zeigte sich aber tief überzeugt, dass jeder Mensch sich so geben könne, wie er sich fühlt. «Da ist Toleranz doch einfach wichtig!» Toleranz und Respekt vor dem Andersdenkenden habe er auch im Abstimmungskampf zum Post-Neubau etwas vermisst. Da seien Grundwerte wie Anstand und Rücksichtnahme zum Teil mit Füssen getreten worden.

Viel Gelächter, aber schlussendlich im Tiefgang auch im Kapitel «Klischees und Vorurteile» einzuordnen, gabs bei Schneiders fiktiver Schilderung eines Banntags mit Frauen. Bei allen Visionen – der Rottenchef schloss mit dem Aufruf, jedem Menschen Freiraum zu gönnen und nicht in allem böse Absichten zu sehen. Möge er recht haben.

Mit «Gilberte de Courgenay» hat man sodann den ersten Teil des Znünihalts musikalisch fröhlich abgeschlossen. Gesanglich gibt‘s da aber unüberhörbar noch Luft nach oben … Fazit dieses so geliebten Männer-Events: «Es isch e schöne Banntag gsi!»

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