«Wir servieren UN-BRK»

Liestal Nationaler Aktionstag Behindertenrechte mit der ESB  

Anja Weyeneth von der ESB moderierte souverän die Podiumsrunde. Rechts Referent Martin Haug. Foto: S. van Riemsdijk

Vom 15. Mai bis 15. Juni 2024, steht die ganze Schweiz im Zeichen der Inklusion. Inklusion steht dafür, dass keine Menschen – auch nicht mit einer Behinderung – ausgeschlossen, diskriminiert oder benachteiligt werden dürfen. Die sogenannten nationalen Aktionstage Behindertenrechte mit vielen Aktionspartnerinnen und Partnern liefern einen Beitrag zur Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), welche am 15. Mai 2014 – also vor etwas mehr als zehn Jahren – in der Schweiz in Kraft trat. Diese Konvention soll den umfassenden und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für Menschen mit einer Behinderung gewährleisten.

An diesen Aktionstagen, welche einer breiten Bevölkerung aufzeigen sollen, wie Hindernisfreiheit und Inklusion umgesetzt werden können und an denen die Eingliederungsstätte Baselland (ESB) teilnahm, engagieren sich Menschen mit Unterstützungsbedarf sowie eine Vielzahl von Institutionen mit kreativen und informativen Veranstaltungen für die Sichtbarmachung der Rechte von Menschen mit einer Behinderung.

Die Aktionspartnerinnen und Partner leisten mit ihren Aktionen einen wichtigen Beitrag und ermöglichen Menschen mit Behinderung so den gleichen spontanen und autonomen Zugang zu Lebensbereichen wie Arbeit, Bildung, Wohnen, Freizeit und Kultur. Damit Inklusion überhaupt möglich wird und Barrieren abgebaut werden können, muss die Gesellschaft nach dem Motto «miteinander und füreinander» zusammenarbeiten.

Referat zur UN-BRK

Im Rahmen dieser Aktionstage lud die ESB unter dem Motto «Wir servieren UN-BRK» am Donnerstagabend im Kulturhotel «Guggenheim» in Liestal zu einem Referat zum Schwerpunkt Arbeit und politische Rechte von Martin Haug ein, dem ehemaligen Leiter der Fachstellung Gleichstellung von Menschen mit Behinderung des Kantons Basel Stadt, sowie einer anschliessenden Podiumsdiskussion mit ESB-Mitarbeitenden. Vorher machten sich am gleichen Tag Menschen mit Unterstützungsbedarf, die in der ESB arbeiten, sich und ihre Anliegen sichtbar, indem sie im Restaurant «Mooi» mit im Service arbeiteten. Es bestand so die Gelegenheit in entspannter Atmosphäre mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Nach der Begrüssung durch Anja Weyeneth, Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit und Kultur bei der ESB, ging Martin Haug mit der These «Die UN-Behindertenrechtskonvention. Eine Grundlage für ein gutes Leben, aber nur wenn man sie umsetzt» in seinem Referat unter anderem eingehend über die vielen Facetten der Inklusion ein und was es braucht, damit diese gelingt. Dabei ging er auf die Themen Politik, Arbeit und Wohnen vertiefter ein. Ebenso schaute er durch den Zeitspiegel auf die Entwicklungen in der Behindertenhilfe seit dem 19. Jahrhundert zurück. Im Sinne von «Man ist nicht behindert, man wird behindert» sprach er über das Leben von Menschen mit Behinderung in Institutionen, welche 90 Prozent der Dienstleistungen abdecken und die Lebensräume, den Lebensplan, auch bei hoher Qualität der Dienstleistung, verkleinern.

Martin Haug fügte an, dass «für viele Menschen mit Unterstützungsbedarf die Institution der erste und einzige Aufenthaltsort in ihrem Leben ist. Sie haben nie die Möglichkeit, ein anderes, selbstbestimmteres Leben auszuprobieren.» Oder im Sinne der UN-BRK: «Menschen mit Behinderung sind nicht Objekte von Wohltätigkeit, medizinisch/therapeutischer Behandlung oder sozialem Schutz. Sie nehmen als aktive und informierte Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben teil.» In seinem gesellschafts-kritischen Referat war in diesem Zusammenhang die Auflösung von stationären Plätzen im Sinne einer De-Institutionalisierung und der Aufbau von selbstbestimmtem Wohnen mit Assistenz ein zentrales Thema. Nach einer kurzen Fragerunde rundete Martin Haug sein Referat mit den Worten ab, dass Inklusion ein erreichbares Ziel sein muss. «Es muss aber noch viel gemacht werden.»

Entwicklung der Inklusion

Anschliessend ans Referat fand eine dynamische und lebensnahe Podiumsdiskussion mit den ESB-Mitarbeiterinnen Nadja Raffl, Veronica Rudin, ESB-Bereichsleitung Wohnen Sarah Döring, Bereichsleitung Betriebe und Mitglied der Geschäftsleitung der ESB Nikola Kafadar und Martin Haug statt.

Die Diskussion, souverän von Anja Weyeneth moderiert, gab durch persönliche Erlebnisse von Betroffenen einen Einblick, wie zwar mit der Inklusion im Verlauf der Jahre viel erreicht worden ist, aber es noch viel zu tun gibt. Nikola Kafadar sprach über ein verändertes Denken im Rahmen eines Generationenwandels in der ESB und dass die Menschen mit Behinderung vermehrt das Bedürfnis haben, ihr Einkommen selbstbestimmt eigenständig zu verdienen. Nadja Raffl schliesslich äusserte den Wunsch nach mehr Inklusion und «Menschen mit Unterstützungsbedarf eine Hand zu geben.» Ein Apéro rundete den interessanten Anlass nach etwa anderthalb Stunden ab.

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