Die Ursprünge ehren, aber auf moderne Art

Hölstein/Oberdorf Der Verein «Anderst Motiviert» verbindet Generationen von Hip-Hop-Fans

Immer am Organisieren: Elia Mahler, Präsident des Vereins «Anderst Motiviert», zwischen zwei Plakaten beim «Öpfelhüsli» in Hölstein.Foto: M. Schaffner
Immer am Organisieren: Elia Mahler, Präsident des Vereins «Anderst Motiviert», zwischen zwei Plakaten beim «Öpfelhüsli» in Hölstein.Foto: M. Schaffner

Hip-Hop hat im Oberbaselbiet, speziell im Waldenburgertal, eine lange Tradition. Regionale Acts wie TAFS, MC Poet und Shape waren Jahre aktiv und vermögen auch heute noch ein treues ­Publikum zu mobilisieren. Inzwischen ziehen auch die jüngeren Generationen nach – zum Teil mit neuen Perspektiven, anderen Gewohnheiten und Ansprüchen. Schafft es die Szene, den Spagat zwischen den subkulturellen Wurzeln und den heutigen Trends, zwischen regionaler Verankerung und nationaler bis internationaler Ausrichtung zu halten?

Elia Mahler ist im Waldenburgertal aufgewachsen und hat die «goldenen Zeiten» der Szene noch am Rand miterlebt. Hip-Hop sei mehr als ein Musikstil, erklärt er, eine ganze Kultur mit den Grundpfeilern Rapmusik, DJing, Breakdance und Graffiti-Sprayen.

All diese Elemente werden, oder wurden, im Waldenburgertal intensiv gepflegt. Aber auch die Hip-Hop-Kultur ist nicht gefeit gegen ein generelles Phänomen, mit dem das Tal zu kämpfen hat: Personen ziehen weg, Angebote werden aufgehoben. Als Elia Mahler 13 war, schloss beispielsweise der Jugendtreff, der für die jungen Leute ein Anziehungspunkt war. Heute lebt er in Basel wie viele andere: «Wenn ich durchs Gundeli spaziere, treffe ich mehr Leute aus Oberdorf, als wenn ich durch Oberdorf spaziere», stellt er fest.

50 Jahre Hip-Hop: Kultur wird immer diverser

Hinzu kommt, dass sich die Hip-Hop-Kultur, die vor 50 Jahren entstanden ist (laut Wikipedia fand die erste Hip-Hop-Party am 11.  August 1973 statt), weiterentwickelt und immer diverser wird. Mittlerweile gibt es viel mehr Varianten als den klassischen «90-BPM-Hip-Hop», also den aus den 1980ern und 1990ern bekannten Musikstil mit einem relativ gemütlichen Tempo von 90 Schlägen pro Minute. «Kopfnicken und Hände rauf, das sagt den Älteren noch was», beschreibt Elia Mahler. In den letzten zehn Jahren seien beispielsweise Trap und Audiotune aktuell geworden. Umgekehrt habe die Popmusik viele Elemente aus dem Hip-Hop übernommen. Die grössten Schweizer Hits des letzten Jahres seien im Hip-Hop-Stil produziert ­gewesen, aber eben nicht mit traditionellen Beats, sondern mit Reggaeton- oder Dancehall-Beats.

Ausserdem hat sich das Konsumverhalten geändert: In ihren Ursprüngen hatte die Hip-Hop-Kultur einen starken «Do-it-yourself»-Gedanken. Die Leute seien zu einem «Jam» zusammengekommen, so Elia Mahler, bei dem alle Anwesenden selber eine Aktivität ausgeübt hätten, sei es Rappen, sei es Tanzen. «Heute gehen die Jungen ans Frauenfeld-Festival und wollen Acts abfeiern», stellt er dem entgegen. So komme es, dass die ältere und jüngere Generation manchmal aneinander vorbeirede.

Verein organisiert Festivalsim Waldenburgertal

Beides zusammenbringen, also die Ursprünge ehren, aber offen für Neues sein, das will der Verein «Anderst Motiviert», den Elia Mahler präsidiert. 2019 hat der Verein zum ersten Mal ein Festival im Waldenburgertal organisiert, den «AM-Jam». Die Beteiligten hätten selber hobbymässig Musik gemacht, aber hätten das Bedürfnis gehabt, ernsthaft etwas Grösseres aufzuziehen. Das Ziel sei gewesen, zu einem schweizweit anerkannten Festival zu werden. Seither ist der Anlass stetig gewachsen und professioneller geworden. Nach einem vielversprechenden Jahr 2019, einem ausgefallenen 2020 und einem schlechten 2021 – corona- und wetterbedingt – kamen letztes Mal 400 zahlende Gäste plus weitere 300 Gratiseintritte. Dieses Jahr erhofft sich der Verein 1500 bis 2000 Besucher/-innen. Am 5. August wird der Event rund ums «Öpfelhüsli» in Hölstein stattfinden.

Das Festival will nicht nur eine kleine Zielgruppe ansprechen, sondern legt Wert auf Diversität. «Es soll für alle Platz haben, wir wollen ein friedliches Miteinander», betont Elia Mahler. Der «AM-Jam» berücksichtigt deshalb verschiedene Stile und Sprachregionen. «Buds» aus Biel rappt auf Französisch und Portugiesisch, «Genetikk» und «Rua», zwei angesagte Acts aus unserem nördlichen Nachbarland, auf Deutsch, «Lloyd P White» aus Frenkendorf auf Englisch, «Pronto» auf Schweizerdeutsch. Zudem sind mehrere Graffiti-Künstler/-innen dabei und für Kinder wird ein betreutes Sprayen angeboten, ganz im Sinn des «Do-it-yourself».

«Jugendförderung liegt uns am Herzen», sagt Elia Mahler. Das drückt sich auch darin aus, dass die «AM-Jam» jungen Künstler/-innen eine Auftrittsmöglichkeit gibt. «Für sie ist es eine Riesenchance, zum Teil haben sie erst wenige oder noch gar keine Auftritte gehabt, und jetzt können sie vor einem grösseren ­Publikum, vor oder nach Superstars auftreten», so Mahler.

«Hey, wir machen das auch für euch!»

Mit der Mischung aus Diversität und Qualität will der Verein sowohl Junge als auch Ältere anlocken. «Wir wollen die Ursprünge behalten, aber es ‹cool› machen», sagt der Vereinspräsident. Er freue sich über junge Gäste genauso wie über den 60-Jährigen.

Schade sei nur, dass die meisten Gäste von auswärts kämen, während das lokale Publikum noch etwas zahlreicher sein könnte. «Hey, wir machen das auch für euch!», will er den Tal-Bewohner/-innen nahelegen. Andererseits stosse der Verein auf grosses Wohlwollen, bei den Gemeindebehörden, bei Stiftungen, beim Swisslos-Fonds und beim «Öpfelhüsli».

Rund 70 Helfer/-innen sind im Einsatz

Das Festival will auch aus eigener Kraft Rentabilität erzielen. Es gehe nicht ums Geldverdienen, meint Elia Mahler, sondern um Professionalität, wozu auch eine Bezahlung des Personals gehöre. Der Pool hat beim diesjährigen, vierten Festival eine beträchtliche Grösse erreicht: Zählt das Kernteam fünf Köpfe und das erweiterte Team etwa 20, so werden am 5. August alles in allem bis zu 70 Personen im Einsatz sein.

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