Souverän stellt sich quer: Steuererhöhung abgeleht

Waldenburg Steuert die Gemeinde in den Abgrund?  

Die Versammlung. Foto: W. Wenger

Die Waldenburger Gemeindeversammlung war in vielerlei Hinsicht eine spezielle. Sie war, wie sich Gemeindepräsidentin Andrea Kaufmann ausdrückte, rekordverdächtig. Über hundert Besucherinnen und Besucher waren gekommen, um über die vom Gemeinderat beantragte Steuererhöhung um 2,5 Prozentpunkte auf 72 Prozent der Staatssteuer abzustimmen. Die Mehrheit wolle letztlich nichts von dieser Mehrbelastung wissen und versenkte den Antrag der Exekutive mit 52 gegen 46 Stimmen. Das Budget 2024 auf der anderen Seite mit einem Minus von nunmehr gut 450000 Franken ist mit 66 Ja- gegen 16-Nein-Stimmen bei zahlreichen Enthaltungen gutgeheissen worden.

An der Versammlung, die von Regierungsrat Anton Lauber und seinem Fachbereichsleiter Michael Bertschi besucht wurde, war im Rahmen der über zweistündigen Debatte über das Budget relativ schnell erkennbar, dass der Gemeinderat mit seinem Antrag einer Steuererhöhung einen (sehr) schweren Stand haben würde. Mehrere Votanten äusserten sich ablehnend. Andere hingegen würdigten die Arbeit der Behörde, die objektiv betrachtet seit der letzten «Gmeini» im Dezember 2023 hart gearbeitet und ein deutlich besseres Budget 2024 präsentierte. Anstatt 540000 Franken Defizit wies der am Montag präsentierte Voranschlag «nur» noch einen Aufwandüberschuss von 112000 Franken aus.

Finanzchefin Andreas Sulzer hielt fest, dass man in den vergangenen Jahren intensiv am überarbeiteten Budget 2024 gearbeitet habe. Quasi jede Position sei infrage gestellt worden und nach Einsparungen gesucht worden. Diese seien denn auch «gefunden» worden. So bei der Verwaltung und beim Werkhof, wo 150 Stellenprozente gestrichen werden. Kosten wolle man, so der Gemeinderat weiter, auch beim Schwimmbad reduzieren. Bei den Gebühren sei zudem eine Parkraumbewirtschaftung angedacht. Alles in allem, so Sulzer, habe der Gemeinderat «sehr schwierige» Entscheide treffen müssen.

Finanzdirektor Lauber, der festhielt, dass er nicht gekommen sei, um Waldenburg alle Sorgen zu nehmen, würdigte in seiner Stellungnahme die Arbeit des Gemeinderates. «Sie haben das gut gemacht, Sie sind auf dem richtigen Weg, um den Bilanzfehlbetrag in Ihrer Gemeinde zu stabilisieren.» Einige wenige Votanten äusseren sich quasi ähnlich, während andere Redner dem Gemeinderat und zum Teil auch Lauber an den Karren fuhren. An die Adresse des Finanzdirektors wurde gesagt, dass der Kanton im Speziellen die Oberbaselbieter Gemeinden zu wenig unterstützt würden. Lauber entgegnete souverän und hielt dagegen, dass vielfach schlicht die gesetzlichen Grundlagen für Unterstützungsleistungen, beispielsweise für die Ausrichtung von Betriebsbeiträgen für Schwimmbäder, fehlen würden.

Zur Kenntnis genommen haben die Stimmberechtigten von Lauber auch, dass der Finanzausgleichs-Topf, vornehmlich aus Beiträgen der Unterbaselbieter Gemeinden, jährlich mit rund 70 Millionen Franken gefüllt werde. Dem Gemeinderat wurde schliesslich mit auf den Weg gegeben, dass dieser zum Erreichen der Sanierung des Finanzhaushalts mit viel gröberem Geschütz agieren müsse. «Mit den jetzt vorgelegten Massnahmen werden wir das Ziel nie erreichen», so ein Redner.

Sulzer entgegnete, dass beispielsweise die Steuererhöhung nur ein Teil der Lösung, der erste Schritt in Richtung Besserung, sei. «Uns ist das bewusst, jetzt wollen wir erstmals die Verschuldung verlangsamen und so unseren Bilanzfehlbetrag stabilisieren.»

Von dieser Absicht ist Waldenburg jetzt weit entfernt. Das genehmigte Budget weist einen Aufwandüberschuss von rund 450000 Franken aus. Die Überschuldung wird per Ende 2024 voraussichtlich 1,5 Millionen Franken betragen. «Es wird für Sie immer schwieriger, dies zu meistern», kommentierte Lauber. Dies auch deshalb, weil nunmehr der in Aussicht gestellte Härtebeitrag des Kantons in der Höhe von 275000 Franken wegfällt und die budgetierten Mehreinnahmen bei den Steuern von 70000 Franken ebenfalls nicht wirksam werden.

Der Gemeinderat von Waldenburg ist nicht zu beneiden. Er steht vor riesigen Herausforderungen. Lösen wird sie der neue Gemeinderat müssen. Ab Juli wird Gemeindepräsidentin Andrea Kaufmann fehlen, welche die Wiederwahl nicht geschafft hat. Kaufmann bedankte sich deshalb bereits am Montag bei jenen Personen, die ihr in den vergangenen zwei Jahrzehnten das Vertrauen geschenkt haben.

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